Street Fighter V... Alpha? im Test

PC WindowsPlayStation 4

Street Fighter V. Einer der selten gewordenen Fälle von Exklusivität eines 3rd-Party-Spiels für eine einzige Konsole. Ein großer Wurf für Sony, und ein guter Deal für Capcom, womit es mit der PlayStation 4, immerhin die mit Abstand erfolgreichste Hardware dieser Generation, auf große Verkäufe hoffen konnte. Jetzt ist es im Handel... und dennoch warte ich auf seine Fertigstellung.

Ohne Frage, Street Fighter V bietet sehr gute Ansätze. Es läuft überwiegend in 60fps; PS4- und PC-Zocker können online gegeneinander antreten. Die Spielbarkeit ist sehr gut gelungen, und die meisten Charaktere unterscheiden sich stark von ihren Alter Egos des Vorgängers. Das Spiel sieht schick aus. Spieler können sich auf neue Features als kostenlose Downloads freuen, anstatt auf die nächste Super-Turbo-Champion-Edition zu sparen.

 

STREET_FIGHTER_V_20160220150325Leider bringt es besonders der letzte Punkt mit sich, dass man das Gefühl hat, eine Demo zu spielen. Bei all den tollen Ansätzen mangelt es an der Substanz. Das Versprechen der Gratisdownloads wird erkauft mit dem Erwerb eines Vollpreis-Spiels, dass bei weitem nicht mal das übliche Minimum im Genre bietet.

 

Dabei liest sich alles erst einmal gut; 16 Charaktere, verschiedene Spielmodi für Solisten und Online-Gefechte zum Spaß oder für die Weltrangliste locken. Der Teufel liegt im Detail.

 

Der Arcade-Modus, seit jeher der Standard für Einzelspieler wurde ersatzlos gestrichen. Statt der bekannten Reihe von Kämpfen gegen alle Gegner bis zum Sieg über den Boss, bleibt der Survival Modus, der je nach Schwierigkeitsgrad eine begrenzte Anzahl von Auseinandersetzung mit nur einer Runde und von Kampf zu Kampf übertragener Lebensenergie beinhaltet; alles gespickt mit Gimmicks in Form von nach dem Match wählbaren Boni oder Handicaps fürs nächste Gefecht.
 

Also bleibt noch die Story. Freilich interessiert in diesem Genre viele die Geschichte nicht allzu sehr. Aber vor allem die jüngsten Mortal-Kombat-Games haben vorgemacht, wie man eine Handlung auch in einem Prügelspiel interessant und unterhaltsam gestalten kann.

 

STREET_FIGHTER_V_20160220152649Leider hat Street Fighter V in dieser Hinsicht (noch) fast nichts zu bieten. Die Erzählungen beschränken sich bisher auf gerade einmal 2 – 3 Kämpfe pro Figur, unterbrochen durch recht häufig schlichte Standbilder, die mehr wie Skizzen wirken als wie fertige Artworks. Immerhin eine komplette englische und wahlweise japanische Vertonung wird hier geboten, was aber angesichts der Gehaltlosigkeit dieser Storyschnipsel kaum positiv auffällt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Auseinandersetzungen in diesem Spielmodus lächerlich leicht zu gewinnen sind. Wir sprechen hier von einer KI, die so einfach zu bezwingen ist, dass sie meist noch die niedrigste Schwierigkeitseinstellung alter Serienteile unterbietet.

 

Damit sind die Möglichkeiten für Einzelspieler leider erschöpft. Also wendet man sich der Online-Komponente zu. Wer da hofft, im prominent im Hauptmenü präsentierten Store auf dem Hauptbildschirm eventuell neue Modi zu finden, wird bislang bitter enttäuscht. Noch ist nichts vorhanden, der Store geschlossen. Auf das für März versprochene Update, bei dem die ersten DLC-Inhalte enthalten sein sollen, warte ich bisher vergeblich.

 

STREET_FIGHTER_V_20160221153503Also Multiplayer. Okay, darum geht es ja bei Beat'em ups in erster Line sowieso. Ab in die Schlacht!

 

Jedenfalls einige Tage nach Release, denn trotz der wenigen Spielmodi für Einzelspieler und dem zu erwartenden Ansturm haben die Server zum Launch ihren Dienst versagt. Blamabel, da bereits im Vorfeld eine komplette Runde des Betatests abgebrochen werden musste, weil die Server selbst bei dem limitierten Teilnehmerfeld nicht Stand gehalten hatten. Gerade hier war Capcom also Monate vorher gewarnt worden.

 

2 – 3 Tage später waren die Server dann recht stabil. Die Erfahrungsberichte über die Performance fallen dabei unterschiedlich aus. Langsames Matchmaking ist eine Konstante, aber auch über Lag in den Duellen und scheinbar unerklärlich auftretende Framerate Einbrüche wird berichtet. Ich selbst habe, nachdem ich die Suche auf Verbindungsstärke 4 – 5 (die zweithöchste Einstellung) begrenzt hatte zumindest stabile Matches. Diese Eingrenzung verlängert allerdings natürlich die Suche nach passenden Gegnern. Trotzdem, die Kämpfe laufen so für mich flüssig und machen Laune. Erst hier kommt die inneliegende Stärke der Straßenkämpfer zur Geltung: Mit fordernden Gegnern gestalten sich die Matches äußerst spannend. Und nie kommt das Gefühl auf, eine Runde aufgrund schlechten Balancings zu verlieren. Street Fighter V spielt sich so intuitiv, wie man es von der Reihe gewohnt ist.

 

STREET_FIGHTER_V_20160221095408Die League Points, die dazu gedacht sind, in Ranglistenkämpfen nur Gegner auf ähnlicher Ebene gegeneinander antreten zu lassen, sind dabei weniger verlässlich. Es kann schon mal vorkommen, dass man es mit einem Kontrahenten zu tun hat, der die doppelte Anzahl Punkte hat. Als Belohnung für einen Sieg winken dann allerdings auch umso mehr League Points, daher ist das verschmerzbar. Ärgerlicher ist das „Rage-Quitting“. Ohne Strafe kann ein Spieler aus einem Ranglistenkampf aussteigen, wenn er am verlieren ist. Damit entkommt er dem Verlust von Punkten, und dem besseren Kämpfer entgeht so der verdiente Aufstieg. Durch diese Regellücke können sich Spieler in den Ranglisten ganz nach oben kämpfen und jede Niederlage vermeiden. Nach lauter Empörung der Spieler gelobte Capcom Besserung und eine baldige Ahndung solchen Verhaltens. Ein Automatismus soll dabei aber erst in unbestimmter Zukunft eingebaut werden. Vorerst bleibt Spielern nichts anderes übrig als die Aufzeichnung und Zusendung fragwürdiger Kampfabbrüche an Capcom. Die Verantwortung wird erstmal den Spielern überlassen.

 

Was bleibt also am Ende vom heiß erwarteten Exklusivtitel? Einige beliebte Ableger der Reihe hatten das Wort „Alpha“ im Titel, doch wo diese voll ausgearbeitete Meisterwerke waren, kommt bei Street Fighter V wirklich das Gefühl auf, eine Vorversion von etwas zu spielen, was vielleicht in einem halben Jahr fertig sein wird. Wer heute das Spiel kauft, der kauft ein Versprechen. Das Versprechen eines über Jahre wachsenden Games. Eines Spiels, dessen Extras man sich allein durch eigene Leistung erspielen können wird, ohne wie andernorts Geld für DLC ausgeben zu müssen. Ein wirklich wunderbares Versprechen.

 

STREET_FIGHTER_V_20160220162052Aber die Realität, das Hier und Jetzt, ist das magere Skelett eines Spiels. Eine Demo, die für 60 Euro gekauft werden kann, deren eigentliche Substanz erst in Zukunft kommen wird. Wer vor allem mit Freunden zockt, der kann auch jetzt bereits viel Spaß mit dem Titel haben. Doch jenen Spielern, die auch mal alleine zocken, oder eine durchdachte und zuverlässige Online-Infrastruktur erwarten, kann Teil 5 der Kultreihe noch nicht guten Gewissens empfohlen werden. Es lohnt sich kaum, heute Geld auszugeben für etwas, was irgendwann kommen soll, und dessen endgültige Qualität man nicht beurteilen kann. Zumal zu dem Zeitpunkt, da die fehlenden Modi, die neuen Charaktere und Verbesserungen nachgeliefert wurden das Spiel mit Sicherheit schon erheblich günstiger geworden sein wird.

 

Street Fighter V ist ein Work in Progress. Die ganz harten Fans mögen jetzt zuschlagen, aber alle anderen sind wohl mit Geduld besser beraten.




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  • von Mistercinema:

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