Need for Speed – Reboot 2015 gelungen? im Test

PlayStation 4Xbox One

Es gibt kaum eine Rennspielreihe, die jährlich für mehr Diskussionen sorgt, als Need for Speed. Kein Wunder, wurde hier im Laufe der 21-jährigen Geschichte doch viel am Stil und der Ausrichtung herumexperimentiert. Dass dabei immer mal der jeweilige Geschmack getroffen wurde, bei anderen aber eben nicht, blieb nicht aus. 2015 darf „EA Ghost Games“ ran und hofft, diesmal die breite Masse glücklich zu machen.

Need-for-Speed-2015-neXGam-00Ich oute mich freiwillig zu Beginn dieses Artikels, denn nach meiner subjektiven Meinung war das Highlight der Serie mit Need for Speed: Most Wanted im Jahre 2005 erreicht. Satte fünf Mal wurde das Spiel von mir auf Xbox und Xbox 360 durchgespielt und glaubt mir, sobald die Abwärtskompatibilität der Xbox One es bei diesem Titel hergibt, kommt Durchlauf Nummer sechs. Aber bleiben wir beim Thema Skepsis. Ich habe Carbon noch ein wenig, kurioserweise Undercover dann trotz technischer Macken wieder komplett abgearbeitet. Mir gefällt einfach der Stil, wenn „echte Personen“ die Geschichte vorantreiben. In Need for Speed: Undercover waren es erstmals „richtige Filmszenen“ und genau hier setzt der aktuelle „Reboot“, welcher absichtlich ohne jeden Zusatznamen erscheint, an. So war ich auf der diesjährigen gamescom von der Präsentation der Entwickler positiv überrascht. Nicht nur, dass man neben Ken Block, Magnus Walker, Nakai-San, Mohoroshi-San und Risky Devil bekannte Namen ins Spielgeschehen einbringt, sie stehen auch alle für unterschiedliche Arten des Rennsports. Man möchte euch keine Vorgaben mehr machen, sondern euren Stil den Weg bereiten. Klingt in der Theorie ziemlich gut, aber wie sieht es in der Praxis aus?

Need-for-Speed-2015-neXGam-04Nunja, die ersten Schritte im Spiel sind immer steinig. Mann muss erst einmal durchblicken und schnell wird deutlich, dass Need for Speed einen dicken Fokus auf Leistungs- und Optiktuning legt. Hier werden auch Folienfrickler ihren Spaß bekommen. Mit viel Zeit lässt sich hier locker der eigene Lieblingswagen nachbauen. Im Leistungstuning war ich trotz spürbarer Auswirkungen irgendwie aber doch am Überlegen, ob man hier nicht zu sehr versucht „Forza“ Konkurrenz zu machen. Wer mag, darf hier wirklich Schritt für Schritt Schrauben für den Boliden abstimmen. Wem das nicht so liegt, kann den Wagen über einen generellen Regler mehr zum Drift oder Grip einstellen. Gerade zu Beginn ist hier natürlich noch einiges gesperrt. Wie bei allem im Leben, muss man sich gute Sachen verdienen, entweder durch Geld, gefundene Teile, die auf der Map versteckt liegen, oder durch das Meistern von Aufgaben – so weit, so gut. Kaum auf der Straße, gibt es aber die ersten Abzüge in der B-Note, denn obgleich die Grundoptik ziemlich gelungen ist, störten deftige Frameeinbrüche den ersten Eindruck. Xbox-One-Besitzer, wurden mit diesen neben der geringeren 900p-Optik (PS4 läuft auf 1080p) kurioserweise härter getroffen als PlayStation-Besitzer. Am vergangenen Wochenende gab es aber bereits einen 350-MB-Patch, welcher deutliche Besserung brachte. Seitdem bin ich auch in kein Loch im Boden mehr gefallen, was vorher zweimal passierte. Da Need for Speed, angelehnt an die Underground-Teile, nur in der Nacht spielt (okay, kurzzeitige Morgendämmerungen sind enthalten), kommt die Beleuchtung der Straßen und deren Reflexionen gut rüber. Warum es in dem Kaff aber zu 95 % Regen gibt, sollte man den Spielern aber doch mal erklären.    

Need-for-Speed-2015-neXGam-17Waren wir gerade beim Finden von versteckten Sachen, so müsst ihr an einigen stellen einen „Donut“ hinlegen, um diesen Punkt abzuhaken. Hier wird die angepriesene Freiheit des persönlichen Stils aber leider direkt stark eingeschränkt, denn als absoluter Grip-Fahrer konnte ich mit meinem Flitzer keine Drehung mehr durchführen. Zudem erforderten immer mehr Rennen ein driftendes Fahrzeug, ein Fahrstil, der mir gar nicht liegt. Interessanterweise wird hier auch das sonst übliche Gesetz „jeder Drift kostet Zeit“ außer Kraft gesetzt, denn spätestens, wenn es in die Berge geht, ziehen alle Driftfahrzeuge locker an euch vorbei. Die verschiedenen Mitglieder der Crew, die euch aufgenommen hat, locken derweil permanent zu neuen Aktivitäten. Und mit permanent untertreibe ich nicht. Dies ist leider der zweite dicke Punktabzug, denn die Jungs und Mädels zögern nicht einmal im 20-Sekunden-Takt anzurufen, wenn ihr mitten in einem Rennen seid. Alternativ rufen sie euch auch sofort hinterher, obwohl ihr genau die Person im Diner zuvor gesprochen habt. Es führt also doch kein Weg daran vorbei, sich auf alle Anforderungen einzustellen. Wobei ich nur empfehlen kann, hier zeitnah einen zweiten Wagen zu erwerben, um dann einen mit Setup A und den anderen mit B vorbereitet zu haben. Das ewige Hin- und Herwechseln zieht den Spaß leider nach unten. Erreicht ihr den Punkt, an dem ihr für beide Boliden verstellbare Teile erworben habt, nimmt der Spielspaß aber deutlich zu. Gerade die Bremsverteilung oder Kraft der Handbremse brachte mich dann immer mehr an einen Kompromiss im Setup, mit dem ich leben konnte. Leider hat man es im Teilemenü versäumt Hinweise einzublenden, in welcher Rubrik neue Teile verfügbar sind. So bleibt euch nichts anderes übrig, als hier immer mal wieder alle Unterfächer durchzuarbeiten. Schade, das hätte man besser hinbekommen können.

Need-for-Speed-2015-neXGam-29Aber wenden wir uns den filmischen Einlagen zu, welche die Story weiter vorantreiben. Hier habe ich bereits übelste Aussagen gehört und gelesen, wobei ich mich zu diesem Zeitpunkt wirklich fragte, wie alt diese Leute wohl seien. Da wurde von unterster GZSZ-Darbietung geredet. Ich kann mir hier nur vorstellen, dass es Menschen sind, welche die Reihe schon lange verfolgen und hier eine hollywoodähnliche AAA-Präsentation erwartet haben müssen. Dabei sollte doch klar sein, dass die Zielgruppe hier eine jüngere ist. Und diese Menschen reagieren auf Sprüche wie „Jo“, „Bro“ oder das Zusammenbringen der Fäuste deutlich gelassener, wenn nicht gar „angemachter“, als Personen über 30 oder 40. Ich gehöre zu letzterer Gruppe und blicke hier eher mit einem amüsierten Auge drüber, auch wenn ich zugeben muss, dass hier mehr drin gewesen wäre. So halbgar die Story ist, so dumm und zögerlich agieren leider die Cops. Ein Highlight seit Most Wanted wird hier erst interessant, wenn euch mindestens vier Streifenwagen auf die Pelle rücken. Bis dahin muss man die Jungs in Uniform fast bitten, euch zu folgen. Neben den gähnend leeren Straßen hat man hier zudem das Problem, die Ordnungshüter überhaupt zu finden, liegen die Aufgaben im Outlaw-Bereich doch gerade darin, sich mit den Cops anzulegen. Ich musste hier mehrmals für zig Minuten umherfahren, bis sich einer gefunden hat. Selbst das Parken und Zerstören von Eigentum vor der Polizeistation hat hier nichts gebracht. Zudem fehlt der fetzige Funk der Most-Wanted-Teile gänzlich.

Need-for-Speed-2015-neXGam-26Ein weiterer Effekt der Need-for-Speed-Serie ist uns leider ebenfalls erhalten geblieben. Die Rede ist vom Kaugummieffekt, der hier mit voller Härte zuschlägt. Baut ihr Mist, warten die Gegner brav, bis ihr wieder aufgeschlossen habt. Auf der anderen Seite müsst ihr schon erhebliche Überpower haben, um die Jungs abzuschütteln. Durch den Onlinezwang düsen zudem immer mal andere Spieler durch eure Rennen, was mehr als einmal zu unerwünschten Kollisionen geführt hat. Im Gegenzug dazu fehlt ein lokaler Multiplayer oder eine Lobby gänzlich. Ihr könnt mit den anderen Spielern auf der Karte zwar eine Crew bilden, um bestimmte Aufgaben zu erledigen, dies rechtfertigt meiner Meinung nach aber keinesfalls die permanente Online-Verbindung, bei der es während der Testphase auch mehrmalige Abbrüche gab.

So bleibt es am Ende bei einem Schritt in die richtige Richtung, welcher mit einigem Feinschliff im nächsten Teil vielleicht wieder eine Wende in der Need-for-Speed-Historie hervorbringen kann. Gerade die technische Seite sollte dabei besser funktionieren, der Onlinezwang überdacht und die Cops wieder mit mehr Mumm ausgestattet werden. Hierzu gehören dann auch Kleinigkeiten, wie dass der Drehzahlmesser nicht auf 1x stehen bleibt, wenn der Motor abgeschaltet wird. Was das optische und leistungsbezogene Tuning und die Grundgrafik angeht, gibt es auf jeden Fall großes Lob, hier vor allem für das coole Grundmenü und den deftigen Soundtrack. Die Anrufhäufigkeit könnte man sicherlich noch per Patch senken und etwas mehr Überblick, welche Rennen man schon gefahren hat, würde auch nicht schaden. Was sofort ersichtlich war, waren die Rennen, in denen ihr von einem Freund in der Zeit oder in den Punkten geschlagen worden seid. Dies reizt ungemein, dem „Kumpel“ hier noch einmal zu zeigen, wer der wahre Held auf diesem Abschnitt ist. Ich werde auf alle Fälle noch was dran bleiben und wer weiß, vielleicht ist es nach NfS: Undercover das erste Need for Speed, was wieder bis zum Abspann durchgezogen wird. Die richtige Abzweigung wurde meiner Meinung nach genommen, nun darf Ghost Games anhand des Feedbacks gerne noch was Fahrt aufnehmen.
 

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Forum
  • von Darkshine:

    ...

  • von fflicki:

    Online Zwang ist noch drin.

  • von Darkshine:

    Wurde der Onlinezwang inzwischen weggepatcht? Für 5€ grad reizt es mich schon etwas da es von den NfSs der (noch) aktuellen Generation das beste sein soll, zumindest wenn man nach dem metacritic User Score geht.

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