Bereits nach wenigen Sekunden vor dem Kinect-Sensor ist klar, dass kein großes Budget für dieses Game zur Verfügung stand. Heutzutage ist ein umfangreicher Charakter-Editor eigentlich Standard. Bei Let´s Cheer darf allerdings kein lustiger virtueller Stellvertreter gebastelt werden. Lediglich eine Handvoll Cheerleader, die sich extrem ähnlich sehen, stehen zur Auswahl. Ähnlich mager ist die Anzahl der Modi. Grundsätzlich handelt es sich bei dem kompletten Game nur um eine lange Abfolge kurzer Herausforderungen, die so oberflächlich miteinander verknüpft sind, dass die Bezeichnung Karriere-Modus unpassend wirkt. Oft geht es nur darum einzelne Tanzroutinen vorzuführen, was selbst auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade kein großes Kunststück ist. Spielerisch deutlich gehaltvoller sind Choreografien zu vollständigen Songs oder Turniere mit Beteiligung virtueller Gegner. Es ist sehr schade, dass keine direkten Xbox-Live-Duelle möglich sind, die für eine deutlich bessere Langzeitmotivation gesorgt hätten.
Genug gemeckert! Es gibt durchaus Positives über das Produkt zu berichten. Die Struktur und das Gameplay erinnern stark an die beiden Teile der Dance Central-Reihe. Es war eine gute Entscheidung von Cat Daddy Games (die heißen wirklich so) bei Harmonix zu klau... ähm... sich an Harmonix zu orientieren. Schließlich gibt es gute Gründe dafür, dass Dance Central 1 und 2 zu den beliebtesten Kinect-Spielen gehören. Auch bei Let´s Cheer behält der Sensor den ganzen Körper im Blick und entdeckt selbst kleinere Abweichungen. Die Bewertung fällt allerdings nie so kritisch aus wie im großen Vorbild. Dank Zwei-Spieler-Modus ist es möglich, das komplette Spiel mit einer Freundin (oder einem Freund, der keinen großen Wert auf sein Y-Chromosom legt) durchzuspielen.
Tanzen ist Geschmackssache, doch um Let´s Cheer genießen zu können, sind besonders ausgefallene Vorlieben gefordert. Trotz der grellen Aufmachung handelt tatsächlich um eine ernstgemeinte Simulation, die darauf ausgerichtet ist, ihren Käufern die Grundlagen des Cheerleadings näher zu bringen. Dementsprechend orientieren sich auch die Choreografien nicht wie in vergleichbaren Games an den Tanzeinlagen, die in modernen Musikvideos zu sehen sind. Europäische Kinectler müssen etwas Zeit investieren, um die fest im amerikanischen Kulturgut verankerten Anfeuerungsrituale für Football- und Basketball-Teams zu verinnerlichen, aber wenn diese Hürde überwunden ist, machen die schweißtreibenden Bewegungen durchaus Spaß.
Technisch wird nur wenig geboten. Let´s Cheer sieht aus wie ein veraltetes Wii-Spiel und keinesfalls wie ein aktueller Titel für Microsofts leistungsfähige Hardware. Weder der Cartoon-Look der ständig grinsenden Vortänzerinnen noch die extrem detailarmen Hintergründe können verwöhnte Xbox-Zocker begeistern. Etwas besser schlägt sich die akustische Untermalung. Zehn lizensierte Songs haben es ins Spiel geschafft. Das ist für ein Produkt dieser Art natürlich lächerlich wenig, aber immerhin sind Titel wie Hollaback Girl von Gwen Stefani oder Kool and the Gangs Klassiker Celebration bestens zum Tanzen geeignet.
Let´s Cheer ist Dance Central Light. Die Grafik ist schlechter, der Umfang ist deutlich geringer und insgesamt ist das Cheerleading-Spektakel eine ganze Ecke leichter als das Vorzeigeprodukt aus dem Hause Harmonix. Doch das geniale Grundprinzip und die gelungene Bewegungserkennung trösten über viele dieser Mankos hinweg. Wer gern tanzt und neues Kinect-Futter benötigt, wird auch an diesem Kinect-Titel einige Stunden Freude haben. Es wäre passender gewesen, das Game als Download zu veröffentlichen, aber wenn der Datenträger irgendwo für wenig Geld angeboten wird, dürfen Nachwuchs-Cheerleader zugreifen.