Tropico 4 im Test

Die Tropico Spielreihe zeichnet sich dadurch aus, dass man einen Diktator spielt. Dabei werden die Handlungen und die Charaktere mit einem Augenzwinkern präsentiert. Man nimmt die Ereignisse nicht allzu ernst. Das merkt man beispielsweise an Namen wie Penultimo (von penultimate = vorletzter), eurem Stellvertreter oder Anna Nass (man denke an Pizza Hawaii...).

Das Herzstück von Tropico 4 ist natürlich die Kampagne. Dazu und zu dem Tutorial später mehr. Des Weiteren gibt es noch Extra-Missionen sowie spezielle Herausforderungen. Leider waren beide Menü-Punkte zum Zeitpunkt des Tests leer. Bei Ersterem kann man sich den Inhalt über den Marktplatz besorgen, während bei Letzterem ein Browser auftaucht, der allerdings inhaltslos bleibt. Dies mag daran liegen, dass noch kein anderer Spieler eine solche Aufgabe erstellt und online eingefügt hat.

Für all diejenigen, die nach ihren eigenen Vorstellungen einfach drauflos bauen möchten, fügte man den Sandkasten-Modus ein. In diesem kann man sich eine Insel nach seinen Wünschen zusammenbasteln. Sollen die Bodenschätze reichlich vorhanden sein? Wie sieht es mit dem Platz zum Bebauen aus? Auch lässt sich einstellen, wie lange man maximal regiert und wie die Stimmung in der Bevölkerung ist. Will man sich das Leben künstlich schwer machen, aktiviert man den Gottmodus.

Doch zurück zur Kampagne beziehungsweise dem Tutorial. Letzteres sollte man vorab spielen, weil man sonst mit den Möglichkeiten des Spiels überfordert sein könnte. Hat man diesen erfolgreich abgeschlossen, kann man sich in 20 Missionen beweisen, genügend Sitzfleisch vorausgesetzt. Denn bis man alle durchspielt, vergeht, je nach Spielweise, gut und gerne ein Monat. In Zeiten, in denen viele Games auf einen kurzen Single-Player und umso umfangreicheren Multiplayer-Modus setzen, ist das eine wohltuende Abwechslung.

Jeder Spielabschnitt beginnt auf ein und dieselbe Weise. Man wählt seine Spielfigur aus, erhält einen ungefähren Einblick in das, was einen erwartet und wird dann mitten ins Geschehen geworfen. Der Start ist immer gleich. Man beginnt mit einer Handvoll Gebäuden an und muss eine Industrie passend zu der jeweiligen Insel aufbauen und die Stimmung in der Bevölkerung im Blick behalten.

Die reagiert nämlich äußerst sensibel. Sobald etwas nicht passt, zum Beispiel die Gesundheitsversorgung, sinkt die durchschnittliche Zustimmungsrate. Immer mehr Leute werden zu Rebellen und wenn man nicht aufpasst, kommt es zu einem Umsturzversuch. Das geschieht schneller, als man gucken kann, weshalb man dem von Anfang an entgegen arbeiten sollte. Doch nicht den Pöbel gilt es zu beruhigen, sondern auch verschiedene Fraktionen, wie Umweltschützer, Nationalisten oder Kommunisten. Jede dieser Parteien hat unterschiedliche Bedürfnisse. Es ist unmöglich alle zu befriedigen, weswegen man versuchen sollte, so viele wie möglich als Unterstützer zu werben.

Natürlich dreht sich alles um den schnöden Mammon. Die Spielfigur der Wahl besitzt ein Schweizer Bankkonto, das gefüllt werden möchte. Und hierzu muss man beispielsweise einen Erlass ausgeben, wonach ein Teil des Geldes, welches man für den Bau von Gebäuden ausgibt, abgezweigt wird. Korruption olé! Um das Spieleziel zu erreichen, gibt es jede Menge Aufgaben: Sie stellen keine Pflicht dar, doch manche sind für die Mission wichtig, andere nicht. Dies lässt sich einfach anhand des jeweiligen Icons herausfinden. Signifikante lassen sich durch rote Ausrufezeichen auf gelben Grund identifizieren, optionale via Blau auf Gelb.

Tropico 4 ist äußerst umfangreich. Nicht nur, was die durchschnittliche Spielzeit angeht, sondern auch, wegen den unzähligen Möglichkeiten zu regieren und den Statistiken. Es ist schon fast ZU viel. Man verliert leicht den Überblick und muss erst suchen, ehe man ein bestimmtes Gebäude oder Übersicht gefunden hat. Vor allem als Neueinsteiger fühlt man sich, trotz des Tutorials, überfordert.

Die vielfältigen Methoden zu regieren und auf das Volk zu reagieren machen einen Charme des Games aus. Es bleibt dem Spieler überlassen, was für ein Präsident man sein möchte. Verhaftet man willkürlich Leute auf der Straße oder lässt man freie Wahlen zu? Akzeptiert man die Ergebnisse oder fälscht sie zu seinen Gunsten? Ist man der UDSSR oder eher der EU zugeneigt? All dies wirkt sich auf den Ablauf aus, was sich zum Beispiel in der Höhe des Entwicklungsgeldes ausdrückt, welches man zu Jahresanfang erhält. Es macht Laune, die verschiedenen Optionen der Reihe nach auszuprobieren.

Doch leider erhält man den Eindruck, dass dem Spiel etwas fehlt! Weniger vom Spielumfang her, der besser nicht sein könnte. Vielmehr vermisst man graphische Darstellungsmöglichkeiten, beispielsweise von der Gesundheitsversorgung. Wenn man im Journal nachguckt, erhält man nur eine dürre, relativ aussagelose Zahl. Dies Manko wäre ja nicht so tragisch, wäre da nicht zum Beispiel die Polizeiwache, bei deren Platzierung sieht, wo die Kriminalitätsrate am höchsten ist! Warum nicht auch bei der Gesundheitsversorgung? Auch agiert das Spiel unintelligent. Da werden Aufgaben gestellt, die man auf Grund der Inselgegebenheiten nicht erfüllen kann, wie beispielsweise das Bauen von zwei Farmen! Oder man erhält einen Auftrag, den man bereits erledigte. Dies muss nicht sein und trübt das Spielerlebnis.

Immerhin wurde das Game gut an die Herausforderungen der Konsolensteuerung angepasst. Alles klappt mühelos, egal ob man eine Straße oder ein Gebäude platziert oder das umfangreiche Journal öffnet. Doch gleichzeitig geriet die Steuerung in der größten Nahansicht schwammig. Falls man beispielsweise versuchen will, mehr über einen Bürger zu erfahren, schafft man es nie den Cursor exakt auf diese Person zu platzieren. Dazu muss man erst die Kamera etwas zurückfahren.

In Sachen Graphik überzeugt das Spiel. Die verschiedenen Inseln werden wunderschön dargestellt und der stufenlose Zoom funktioniert ohne Ruckeln. Obwohl man über die Möglichkeit verfügt, das Gameplay zu beschleunigen, fehlt das Bedürfnis hierzu. Vielmehr beobachtete ich lieber, wie die Spielzeugautos durch die Straßen fahren und die Menschen die Stadt bevölkern. Leider gerieten einige Texturen schwammig und es gibt Nachlader bei den Landschaftsdetails. Dies macht besonders bemerkbar, wenn man über die Insel fährt. Die deutschen Sprecher machen einen guten Job. Meistens unterlegen sie ihre Stimme mit einem gewissen südamerikanischen Akzent, was perfekt zum Spiel passt. Musikalisch hört man Klänge aus der Region, wobei die einzelnen Stücke sich schon recht bald wiederholen.