Xbox One: Zu früh für Next Gen? im Test

Xbox One

Fast acht Jahre nach der Xbox 360 brachte Microsoft am vergangenen Freitag ihre neue Next Gen Konsole auf den Markt. Xbox One heißt das gute Stück und vermag mit der Namensgebung zu verwirren, da es bekanntlich die dritte Konsole der Amerikaner ist. Das Wörtchen »One« steht aber in diesem Fall für die Vernetzung im heimischen Wohnzimmer. Die neue Xbox möchte als Mittelpunkt des Wohnraumes gelten, alle anderen Geräte in sich vereinen und so dem Käufer die höchstmögliche Stufe des Entertainments bieten. Ob das gelungen ist?

Über das diesjährige Disaster rund um die Xbox One möchte ich an dieser Stelle erst gar nicht eingehen. Jeder, der sich für die Branche interessiert, wird wissen, was Microsoft alles falsch gemacht hat. Nun wollen die in Redmond Ansässigen ganze 499,- Euro für ihre Maschine haben und versprechen das volle Programm gepflegter Unterhaltung. Diese bekommt man aber nicht sofort. Zuerst muss ein sogenanntes »Day1 Update« heruntergeladen und installiert werden. Dieses ist stolze 503 MB groß und frisst euch bereits beim ersten Start der Konsole ein wenig des auf 500 GB begrenzten Speichers. Könnt oder wollt ihr eure Xbox One nicht mit dem Internet verbinden, dürft ihr den Patch auf Microsofts Website downloaden und auf USB Stick schmeißen. Eine genaue Anleitung stellt der Konzern glücklicherweise zur Verfügung. Denn: ohne Zwangsinstallation geht nichts! Die Konsole braucht das Update und eine erste Verbindung zum Internet. Nutzt ihr also die Offline Methode via USB Stick, schaut ihr nach der Installation weiterhin in die Röhre, wenn ihr die Konsole nicht mit dem LAN-Kabel oder eurem WLAN Netzwerk verbindet.

Das Next Gen Wunderding MUSS sich via Xbox Live registrieren, sonst lassen sich keinerlei Spiele speichern oder BluRays anschauen. Glücklicherweise funktioniert die Registrierung der Konsole wunderbar flüssig und geht in einem Rutsch durch. Ich hatte mit meiner DSL-6000 Verbindung keine Probleme. Auch konnte ich meinen Xbox 360 Gamertag problemlos übertragen, Länder- und Voreinstellungen vornehmen und den Kinect Sensor kalibrieren. Danach startete der Kasten neu und ich landete im Hauptmenü.


Dieses ist recht überschaubar und richtet sich vom Design her an das bekannte Windows 8 Layout. Es gibt drei Hauptfenster. Die Start- und Pinsseite und die Store Übersicht. Auf die Erstere gelangt ihr bei jedem Start der Konsole, wenn ihr ein Spiel beendet oder in einem beliebigen Menü oder Videospiel auf den Xbox One Knopf des Controller drückt. Es ist demnach euer Ausgangpunkt. Hier wird in der größten Kachel das aktuelle Spiel/Film/Menü dargestellt, indem ihr euch befindet oder als letztes benutzt habt. Drumherum sind weitere kleinere Kacheln platziert, die euch Games und Apps zeigen, welche ihr in der letzten Zeit genutzt habt. Des Weiteren dürft ihr eure Avatar Kachel anklicken und euch dort eure Freunde, Erfolge und via PVR Feature aufgenommenen Videos anschauen. Links von der Startseite gelangt ihr zu euren Pins. Das sind Kacheln, die ihr via Befehl auf das »Pin-Menü« anpinnen könnt (wie der Name schon sagt). Voreingestellt waren bei mir Pins von Xbox Video, Xbox Music, Cloud und Skype. Doch löste ich diese via Knopfdruck und entschied mich für meine Videospiele, die ich via Download Code geladen hatte. So waren FIFA 14 (liegt als DL Code der Day 1 Edition der Xbox One bei), Battlefield 4 und Co. im Pin Menü immer startklar.

Wollt ihr euch im Xbox Live Marketplace austoben, entscheidet ihr euch für das letzte »Menü« der Xbox One Oberfläche, dem Store. Dieses Menü ist in drei große Kacheln unterteilt: Spiele, Filme, Musik. Klickt ihr auf eine davon, gelangt ihr in die entsprechende Rubrik und könnt stöbern. Auch lassen sich vom »Store-Menü« andere Apps wie Youtube oder Maxdome installieren und starten.
 

Apropos installieren: Bevor ihr einen der Launch-Titel spielen könnt, müsst ihr diesen zuerst auf die 500 GB große Festplatte installieren. Dabei erfordert wirklich JEDES Spiel eine Zwangsinstallation. Einfaches Plug-and-Play wie etwa bei der Vorgängerkonsole ist nicht mehr möglich. Dieser Prozess ist zeitraubend und nervig, da der Installationsvorgang mehrere Minuten, wenn nicht sogar Stunden in Anspruch nimmt. So schlägt Cryteks Ryse beispielsweise mit fast 35 GB zu buche, was ein No Go ist! NBA 2k14 braucht sogar nahezu 45 GB Speicherplatz, um komplett gespielt werden zu können. Da frage ich mich ernsthaft, wer bei Microsoft auf die Idee kam, nur eine 500 GB Festplatte zu verbauen, da viel zu viel des Speicherbedarfs bereits auf Systemdaten draufgeht und uns Gamern gerade mal 4/5 des Gesamtplatzes bleibt. So braucht es niemanden wundern, wenn nach einem Dutzend Games die Festplatte voll ist und man sich dabei erwischt, wie man mühsam Titel wieder deinstalliert. So etwas darf in der heutigen Download-Ära einfach nicht passieren! Und die Möglichkeit, externe Speichereinheiten via USB anzuschließen, besteht (vorerst) nicht. Ist ja nicht so, dass bereits die Wii U solch eine Variante bieten. ...

Wenn ihr zu den Unglücklichen gehört, die von den vielen Ausfällen betroffen sind, rücken spaßbringende Zockersessions auch nach der Installation in weite Ferne. Kurz nach Release am 22. November machten unzählige Meldungen die Runde, dass Laufwerke nicht funktionierten, Spiele nicht starteten oder Controller defekt waren. Auch ich bekam es mit der Angst zu tun, als mein 500 Euro teures Gerät plötzlich keine Spiele mehr abspielen wollte. Dabei war es gleichgültig, ob ich sie von Disc oder von der Festplatte aus starten wollte. Nach einem kurzen Ladeversuch landete ich wieder im oben erwähnten Startmenü. Erst nach unzähligen Versuchen, drei Neustarts der Konsole und zwei Schweißausbrüchen funktionierten meine Launch-Ttel wieder. Fehler? Unbekannt! So etwas darf bei einer Konsole, die einen halben Tausender kostet nicht passieren!


Microsoft reagiert übrigens auf die Reklamationen und vertröstet Gamer, dessen Laufwerk seinen Dienst vergeistert, mit eins von drei Spielen. Dazu können sich Käufer auf der Website des Multimediakonzerns registrieren und erhalten eine kostenfreie Garantieverlängerung bis 2016. Das ist zwar ein netter Zug, sollte aber im besten Fall nicht zur Auswahl stehen. All diese Krankheiten, Hard- und Softwarefehler hinterlassen den Eindruck, als hätte ich Microsoft im Zugzwang gegenüber Sony gesehen und ihre Konsole so viel früher als ursprünglich geplant veröffentlichte.

Aber zurück zu den Spielen. Zumindest lassen sich die Titel bereits beim Installationsvorgang starten. So durfte ich bei Ryse bereits nach 10% des Vorgangs loslegen, während ich bei Dead Rising 3 so lange warten musste, bis das Spiel die 40%-Marke knackte. Aber freut euch nicht zu früh, wenn ihr endlich nach einer gefühlten Ewigkeit Hand anlegen könnt. Ihr bekommt nämlich nur zu einem gewissen Teil es Spiels Zugang. So lassen sich bei Forza 5 ein paar Strecken befahren, während FIFA 14 euch eine Partie mit englischen Kommentatoren bestreiten lässt. Brecht ihr diese ab, landet ihr in einem Ladebildschirm, der euch den aktuellen Installationsstand anzeigt. So auch geschehen bei Ryse. Nervt einfach nur tierisch, wenn man sich auf das Spiel freut!

Irgendwann ist es aber endlich so weit und man darf loslegen. Dabei reicht das Launch Lineup von grafischen Leckerbissen wie Ryse, NBA 2k14 oder Forza 5 zu Titeln, die kaum an Next Gen denken lassen, wie etwa Call of Duty Ghosts oder Assassins Creed 4. Auf die einzelnen Spiele gehen wir aber in separaten Artikeln ein, hier geht es ja schließlich um die Konsole.
 

Ein paar Worte möchte ich in diesem Zusammenhang aber doch noch verlieren. Es geht um die von Microsoft angepriesene Kraft der Cloud. Das ist Onlinespeicher, der bei der Xbox One genutzt wird, um die Spielerfahrung zu bereichern. So werden zum Beispiel Fahrerdaten eines Forza 5 in die Cloud geladen und beim Spielen genutzt, um eine realistischere KI zu ermöglichen. Speicherstände werden ebenfalls online gespeichert, sofern eure Konsole mit dem Internet verbunden ist. Dieses Feature hat Potenzial, keine Frage. Nur kam es bei mir oft zu seltsamen und nervigen Bugs, die das Spielgefühl eher negativ beeinflussten. Am Schlimmsten empfand ich dies im Zusammenspiel mit meinen Speicherdaten. FIFA 14 und Need for Speed Rivals luden meine Save States stellenweise minutenlang, was mehr als ärgerlich war. Ich musste beim Letztgenannten fast 4 (!) Minuten Däumchen drehen, bevor ich endlich in das Hauptmenü kam. Und da sage mal einer, die Ladezeiten eines Lego City Undercover wären lang ...


Es gibt aber auch Dinge, an denen ich nichts auszusetzen habe, wie etwa den neuen Controller. Dieser ist etwas kleiner geraten als sein Vorgänger, liegt aber immer noch sehr gut in der Hand. Die Sticks sind griffiger und die RB und LB Schultertasten etwas näher beisamen, was anfangs ein wenig Neuorientierung zur Folge hat. Doch schon nach ein paar Minuten hat man sich an das neue Design gewöhnt. Besonders cool finde ich die verfeinerten Motoren des Controllers. Diese lassen sich nämlich situativ einstellen.

So vibrieren beispielsweise bei NBA 2k14 die LT und RT Trigger, wenn ihr im Ballbesitz seid im Takt es aufschlagenden Basketballs. Sehr cool gemacht! Auch die Analogsticks wurden mit einer Rumble Funktion versehen und lassen euch enge Kurven, Fahrfehler u.a. bei Forza 5 spüren, was für ein besseres Fahrgefühl sorgt. Doch leider sind die Einsatzgebiete der Launch-Games beim besagten Feature beschränkt. Von zwölf Launch-Titeln nutzen nur zwei (Forza 5 und NBA 2k14) einen besonderen Rumble Effekt. Alle anderen Kandidaten setzen auf das bewährte Prinzip, wie man es aus den letzten Konsolengenerationen kennt.

Einen großen Fortschritt merkte ich zudem bei neuen Kinect Sensor. Dieser ist nicht nur optisch verändert worden. Auch an der Erkennung wurde gefeilt. Bei der Ersteinrichtung der Konsole wird auch Kinect 2.0 kalibriert und setzt diesmal nicht mehr so viel Platz voraus wie der Vorgänger. Funktioniert die Gestensteuerung recht gut, ist es die Spracherkennung, die mich überraschte. Deutsche Sprachbefehle werden problemlos erkannt und umgesetzt.
 

Ob ihr nun die Xbox One anmacht, indem ihr einfach »Xbox Einschalten« sagt, oder aber ein Spiel, eine App oder den Internet Explorer startet, nahezu alle Befehle werden beim ersten Mal ausgeführt. Dies setzt aber eine genaue Aussprache voraus. Sobald ihr das Zauberwort »Xbox« fallen lasst, hilft euch diese mit verwendbaren Ausdrücken optisch auf die Sprünge. Zwar wird Kinect zum Bedienen und Spielen nicht mehr zwingend gebraucht, doch bereichern die Sprachbefehle das Ganze erstaunlichweise. Brülle ich in Ryse »Salve abfeuern«, unterstützen mich meine Bogenschützen mit einem Pfeilregen, während ich Feinde niedermache. In Capcoms Zombie Abenteuer kann ich die Untoten sogar mit einem Spruch auf den Lippen anlocken und sie so in Fallen treiben. Klappt alles super und macht Spaß!

Somit wäre ich fast am Ende meines Berichts angelangt. Das Xbox Live wie gehabt flüssig läuft und sowohl Spielgeschehen als auch Party Chats und dergleichen konstant darstellt, dürfte seit der Xbox 360 Voraussetzung bei einer neuen Konsole sein und das ist es auch. Hier hatte ich absolut keine Probleme und konnte Need for Speed, Call of Duty, Battlefield 4 und Co. genießen. Zu vulgär sollte man aber im Sprach-Chat nicht werden, da Microsoft die User nach neuesten Erkenntnissen gerne für 24 Stunden bannt. Ob solch ein Verhalten angemessen oder eher überzogen ist, nun, darüber lässt sich sicher streiten. Zumindest der Skype Chat bleibt Privatsache und wird von Filtern und dergleichen verschont


Da ich Gamer bin und mir eine Konsole zum Spielen kaufe, habe ich auf Services wie Xbox Music, Xbox Video oder diverse Online-Videothekendienste keinen Wert gelegt. Daher gibt es an dieser Stelle keinen Eindruck meinerseits. Auch besitze ich keinen HDMI-fähigen Receiver und kann euch somit keine Infos zur multimedialen Seite der Xbox One bieten. Auf das Aufnahme-Feature bin ich ebenfalls nicht eingegangen, da ich es nach kurzer Zeit deaktivierte. Es ist zwar nett, dass die letzten 15 Minuten eines Spiels aufgezeichnet werden, doch ich entschied mich dagegen. Da die Festplatte im Vergleich zu den Installationsgrößen der Spiele viel zu klein ist, brauchte ich keine Videodateien, die mir weiteren Platz streitig machten. Da nutze ich lieber die gängige Capture Methode via PC und meinem Hauppauge PVR. Was sie aber kann, ist Multitasking. Neben dem laufenden Spiel kurz einen Freund anrufen, Internetseite besuchen oder in einem der Menüs herumschwirren funktioniert ohne Probleme. Top!

Und so wären wir beim Fazit. Die Xbox One ist eine Next Gen Konsole, ohne Frage. Das zeigen einige coole Features, wie das Multitasking, die Cloud, einige Spiele in optischer Hinsicht oder aber der überarbeitete Kinect Sensor. Doch die vielen Ungereimtheiten und Probleme lassen mich immer mehr vermuten, dass sie früher als gedacht an den Mann gebracht wurde. In vielen Dingen wirkt die One einfach unfertig, als wenn der letzte Feinschliff fehlt. Das zeigt sich in mehr Dingen, als einem lieb ist und man erwischt sich öfters bei dem Gedanken, ob 500 Euro nicht doch zu viel Geld für zu wenig Konsole waren.

Ich sehe viele Patches auf uns zukommen und auch neue Hardware Revisionen werden folgen. Momentan kann ich die Xbox One beim besten Willen nicht uneingeschränkt empfehlen. Grafikfetischisten bekommen zu wenige Spiele, die das Potenzial der Maschine zeigen. Multimediafreaks werden sich hingegen im Vergleich mit den USA mit weniger zufrieden geben müssen. Das, was sie richtig macht, macht sie gut. Die One ist zum jetztigen Zeitpunkt nicht Halbes und nichts Ganzes und ich bin gespannt, inwieweit Microsoft nun aktiv wird, um die Gamerschaft von ihrer Konsole zu überzeugen. Vor allem, wenn demnächst die PS4 bei uns startet.

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  • von bbstevieb:

    Phil hat immerhin 917h auf der Uhr aber natürlich keine Chance gegen aldi... golem.de/sonstiges/zustimmung/…%2Fwww.maniac-forum.de%2F...

  • von mzero2:

    Bei mir sieht es gar nicht gut aus, hab mir aber fürs neue Jahr vorgenommen mehr zu zocken, sollte es die Zeit erlauben....

  • von PatrickF27:

    Ich hab deutlich mehr Xbox gespielt, als ich das auf dem Schirm hatte ...

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