Baldur's Gate - Dark Alliance im Test

In einer dunklen kalten Nacht sucht ihr in den Gassen einer großen, undurchsichtigen, mittelalterlichen Stadt nach einem Unterschlupf. Das Einzige, das ihr findet, sind ein paar gefährliche Diebe, die den Helden bewusstlos schlagen und um sein Hab und Gut berauben. Zum Glück kommt eurem Alter Ego die Stadtwache zur Hilfe und schlägt die Halunken in die Flucht. Doch der Spielercharakter verlangt Vergeltung! Schon bald erfahrt ihr, dass das Reich Baldur´s Gate von zwei Diebeszünften unterjocht wird, die sich in einem erbitterten Konkurrenzkampf befinden.

Urheber des Übels scheint die berühmte Generalin Eldrith zu sein. Einst Befehlshaberin der Kompanie der westlichen Sonne, stellte sie sich tapfer den grausamen Armeen der Orks und Goblins entgegen und rettete Baldur´s Gate so vor der endgültigen Vernichtung. Mit dem Sieg über die Grünhäute gab sich die ehrgeizige Kriegerin allerdings nicht zufrieden. Sie plante, die verbliebenen Reste des Feindes ein für alle Mal aufzumischen. Die in die Ecke gedrängten Bestien entwickelten jedoch nicht für möglich gehaltene Stärke und rieben die stolze Armee Eldriths auf. Ihre verzweifelten Hilferufe nach Verstärkung blieben unbeantwortet. Die gefallene Generälin schwor erbitterte Rache und marschierte mit ihren letzten Soldaten gegen ihre eigene Stadt - Baldur´s Gate. Die Obrigkeit schickte ihrerseits ein Heer und es kam zu einem blutigen und sinnlosen Bürgerkrieg ... Kurz vor ihrer Ermordung verfluchte Eldrith die Siedlung und ihre Einwohner, die »Dark Alliance« war geboren!

Der Spieler wählt zu Beginn zwischen drei kampferprobten Charakteren. Den Anfang bildet Adrianne, eine mächtige Hexenmagierin. Im Nahkampf schwach auf der Brust,  entwickelt sie ihre wahren Qualitäten erst ab einem gewissen Abstand zum Feind. Kromlech ist ein mächtiger zwergischer Krieger und das genaue Gegenteil zur lieblichen Elfin. Mit Hokus Pokus hat er wenig am Hut - er vertraut voll und ganz auf seine wuchtigen Äxte und Langschwerter.

Einen guten Kompromiss bietet hingegen der Bogenschütze Vahn, der sowohl im Nah- als auch im Fernkampf seinen Mann steht. Die Waffen kommen in unterschiedlichsten Klassen und Varianten daher - einer Diablo-ähnlichen Sammelorgie steht nichts im Wege. Die Wahl der Schlagutensilien will überlegt sein, eine Axt mit Feuer-Attribut ist in eisigen und verschneiten Bergpässen gleich doppelt effektiv.

Sobald das Abenteuer beginnt, fallen dem passionierten Rollenspieler die ersten Unterschiede zu bekannten japanischen Rollenspielen wie Final Fantasy & Co. auf: Statt euch auf flauschige Gespräche mit der örtlichen Bevölkerung einzulassen, kämpft ihr euch von einer Quest zur nächsten - Action pur. Während die einen einen gewissen storytechnischen Anspruch und Tiefgründigkeit vermissen, werden Actionfreunde mit feinstem Hack´n Slay bedient. Zudem präsentiert sich das Gameplay wie beim PC-Original in Echtzeit. Durch den beherzten Druck auf den Angriffsbutton zieht euer Alter Ego seine Waffe und gibt dem örtlichen Gesindel Saures.

Neben unterschiedlichen Waffentypen könnt ihr auf Sprung, Magieeinsatz und Abwehr zurückgreifen - das Kampfsystem ist ebenso simpel wie fesselnd. Waffen wie Items organisiert ihr im übersichtlichen Inventar-Schirm und legt eure Favoriten Hotkey-like auf das Steuerkreuz. Gehen HP oder MP zur Neige, zückt ihr einen erfrischenden Heiltrank, der dem Helden zu neuer Stärke verhilft. Die Dungeons sind linear und überschaubar aufgebaut, Rätsel finden sich in den dunklen Gemäuern nur vereinzelt. Zudem sind diese simplifiziert - lediglich seichte Verschiebepuzzle oder »Bringe den Gegenstand von A nach B«-Aufgaben lockern das Schnetzel-Gameplay auf.

Gesellige Zocker freuen sich auf den integrierten 2-Spielermodus, den ich sehr cool fand: Hier ergänzen und unterstützen sich zwei Spieler, um ein mächtiges Team in die Schlacht zu führen. Besonders bietet sich die Kombination Magierin / Zwerg an: Während Erstere aus der Ferne mit effektivem Magieeinsatz operiert, hält der Zwerg den Rücken frei und schützt vor den Speerspitzen der Angreifer. Das Tauschen von Items ist möglich, aber umständlich ausgefallen. Ihr müsst die wertvollen Gegenstände erst wegschmeißen, damit euer Kamerad sie aufheben kann. Diablo lässt grüßen. Geld lässt sich, einmal aufgehoben, überhaupt nicht mehr transferieren.

Grafisch sticht Baldur‘s Gate seine PC-Vorgänger um Längen aus. Alle Charaktere können einen extrem hohen Poygoncount vorweisen, der sich besonders bei den Zooms in den zahlreichen Zwischensequenzen bemerkbar macht. Designtechnisch erzeugen die Kreaturen und Menschen die typische mittelalterliche Atmosphäre und wirken mit ihren blitzenden Schwertern und rauen Bärten absolut authentisch. Die Animationen lassen Pro- wie Antagonisten äußerst realistisch erscheinen und wirken noch eine Spur flüssiger als auf der PS2. Durch den immergleichen Abstand der Kamera (Ihr zockt das Abenteuer wie die PC-RPGs aus der Vogelperspektive) konnten die Entwickler die Texturen optimieren. Egal wohin euer Blick wandert, ob jetzt rauchige Kerker oder wehendes Grass - die Tapeten wirken stets farbenfroh und scharf.

Während die Texturvielfalt auf Sonys DVD-Schleuder zweifellos zum Optimum des Genres zählt, bietet die Optik auf dem GameCube immerhin noch gehobenen Eye-Candy. Gut gefielen mir auch die Effektspielereien: Das Wasser glänzt mit physikalisch korrekt animierten Wellen, der Schein der Fackel taucht die Umgebung in ein gespenstisches Rot und eure Bewegungen spiegeln sich in den schimmernden Eisgewölben. Zudem läuft das Abenteuer mit konstanten 60fps - Abenteurer, was willst du mehr? ;-)

Die Sprachausgabe wurde komplett lokalisiert. Wie so oft ist die englische Originalsynchro um Klassen besser, des Weiteren ist die deutsche Sprachausgabe nicht lippensychron. Die Soundeffekte tönen realistisch aus den Boxen: Im Kampfgetümmel hört man schepperndes Metall und blutdürstiges Kampfgeschrei, die Schrittgeräusche passen sich dem jeweiligen Untergrund an. Hin und wieder bekommt ihr auch orchestrale Musik auf die Ohren, die ausgezeichnet zum Kampfgeschehen passt. Leider kommt der Soundtrack zu selten zum Einsatz, so dass die ständige Kampfakustik schon mal auf die Nerven gehen kann.