Dragon Master im Test

Nintendo DS
Welcher Fantasy-Fan hat nicht schon mal davon geträumt, einen eigenen Drachen zu besitzen? Eine gigantische Echse mit Feueratem ist in der Welt von Elfen und Trollen genau das, was ein italienischer Sportwagen in der Realität ist. Wie der Name schon vermuten lässt, bietet Dragon Master dieses Gefühl der Überlegenheit. Was neben einem großen Fabelwesen noch auf dem Modul schlummert, erfahrt ihr in unserem Testbericht.
Eine gigantische Echse mit Feueratem ist in der Welt von Elfen und Trollen genau das, was ein italienischer Sportwagen in der Realität ist. Wie der Name schon vermuten lässt, bietet Dragon Master dieses Gefühl der Überlegenheit. Was neben einem großen Fabelwesen noch auf dem Modul schlummert, erfahrt ihr in unserem Testbericht. 

Dragon Master kann dem Action-Adventure-Genre zugeordnet werden, besitzt aber auch einige Rollenspiel-Merkmale. Games dieser Gattung sind dafür berüchtigt, die Zocker mit endlosen Einführungen und Dialogen zu nerven, bevor das Abenteuer endlich beginnt. Glücklicherweise kommt die Story diesmal deutlich schneller in Schwung als erwartet. Innerhalb weniger Minuten ist die Vorgeschichte abgehakt und der Protagonist steht vor einem bildschirmfüllendenDrachen, der verspricht unserem. Helden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ein großes Erdbeben hat die paradiesische Welt in Stücke gerissen und da kommt so ein fliegendes Reittier natürlich gerade recht. Noch besser ist das Geschenk, das der kleine Protagonist Bent von seinem monströsen neuen Freund Aviel erhält. Ein schicker Zauberstab ist genau das Richtige, wenn man sich in ein Fantasy-Abenteuer voller Gefahren stürzt.
 



Heute wagen wir mal ein kleines Experiment und unterbrechen diesen Testbericht für einen kurzen Exkurs in die Welt der Medienpädagogik und Medienkritik. Immer wieder finden sich in den Kinderzimmern dieses Landes Videospiele, die dort absolut nichts zu suchen haben, weil sie für deutlich ältere Zocker gedacht sind. Ob nun die gestresste und unkundige Kassiererin im Kaufhaus die Hauptschuld an diesem Phänomen trägt oder die Erziehungsberechtigten einfach genauer hingucken müssen, kann lange diskutiert werden. Klar ist aber, dass viele Publisher nicht genug tun, um potentielle Käufer vernünftig zu informieren und gern laut gegen politische Zensur wettern, statt selbst Verantwortung zu übernehmen. Neben Branchengigant Nintendo ist auch der kleine deutsche Softwareverlag Tivola, der Dragon Master in Deutschland vermarktet, eine positive Ausnahme dieser Regel. Ein kurzer Besuch auf der Webseite reicht aus, um zu merken, dass das Firmenmotto “Richtig gute Familienmedien“ nicht bloß ein hohler Werbeslogan ist. Wenn Tivola auf der Packung steht, kann man also absolut sicher sein, dass wirklich viel Zeit investiert wurde, um passende Software für die jüngsten Zocker zu finden. Das verdient Respekt und wenn wir Punkte für Verantwortungsbewusstsein vergeben würden, gäbe es hier die Bestnote.

Nun stehen wir vor dem gleichen Problem, mit dem sich viele Kritiker immer wieder herumschlagen müssen: Wie soll man ein Game bewerten, dass für kleine Kinder konzipiert wurde? Ob ihr es glaubt oder nicht, hinter den neXGam-Kulissen diskutieren wir durchaus häufig über dieses Thema. Hier mal ein typischer Dialog:
“Barbies Traumhochzeit auf dem Ponyhof ist das schlimmste Game das ich jemals gespielt habe. Das bekommt jetzt eine Wertung von 0,3 und ich gehe wieder GTA zocken!“
“Nicht so schnell! Vergiss bitte nicht, dass achtjährige Mädchen die Hauptzielgruppe sind!“
Häh?“
“Ja, versuch doch bitte mal das mehr aus deren Sicht zu sehen.“
“Ich war nie ein achtjähriges Mädchen und will auch keins sein!“
“Ich meine ja nur, dass es nicht schlecht sein muss weil ausnahmsweise keine Leute überfahren oder Zombies erschossen werden.“
“Vielleicht sollte ich ein paar fremde Kinder in der U-Bahn fragen, ob sie mal mit meinem DS spielen wollen…“
“Nein! Auf gar keinen Fall!“
Lange Rede, kurzer Sinn: es ist sehr schwer für einen Erwachsenen einzuschätzen, ob ein Kind eventuell Spaß an einem Produkt hat oder nicht. Ich habe keine Kinder und kann mir auch nur selten welche zum Zocken ausleihen. Gleich folgt eine vernichtende Kritik zu Dragon Master, was aber lediglich bedeutet, dass ein 34 Jahre alter Halo-Fan nur wenig damit anfangen konnte. Ich habe versucht, mich an meine frühen Zockjahre zu erinnern und ich bin mir ziemlich sicher, dass auch der zwölfjährige Tim seine Zeit lieber mit Zelda 2 verbracht hätte als mit dem neuen DS-Titel. Ganz sicher bin ich mir aber nicht. Wir brauchen also beineXGam ganz dringend ein paar Grundschüler, die schnell tippen und vernünftige Texte formulieren können. Bewerbungen nehmen wir gern entgegen. Und jetzt geht es endlich weiter mit dem Review!

Obwohl das Game so schwungvoll und viel versprechend beginnt, verziehen sich die Mundwinkel des Zockers spätestens eine Stunde später deutlich nach unten. Die anfangs so rasante Story ist im Anschluss zäh wie Kaugummi. Immer wieder wird Bent von einem Dorfbewohner zum nächsten geschickt, um langweilige Aufträge zu erledigen. Meistens geht es darum, irgendwelche Dinge zu holen und anschließend abzuliefern. Schon merkwürdig, dass ein Held samt Drachen die meiste Zeit damit verbringt als Laufbursche zu arbeiten. Ab und zu tauchen ein paar Monster auf oder ein bestimmter Zauber muss eingesetzt werden, um ein Hindernis aus dem Weg zu räumen. Dabei wird es weder für die Finger noch für die grauen Zellen anstrengend. Die wenigen komplexeren Rätsel dürften niemanden fordern, der die Grundschule bereits hinter sich gelassen hat. Durch das Einsammeln diverser Gegenstände lassen sich einige Fähigkeiten der Hauptfigur und des Drachen ausbauen, doch die Charakter-Entwicklung ist viel zu oberflächlich, um das Game noch zu retten.


Das Kampfsystem wirkt auf den ersten Blick interessant, verliert aber seinen Reiz innerhalb kürzester Zeit wieder. Die diversen feindseligen Bewohner vonAlradur werden durch einfaches Anklicken ins Visier genommen und können anschließend mit Zaubersprüchen beschossen werden. Dies geschieht, indem ein bestimmtes Symbol auf den unteren Bildschirm gemalt wird. Leider ist das deutlich umständlicher und langweiliger als es sich anhört. Sobald in den Magie-Modus gewechselt wurde, kann die eigene Spielfigur nämlich nicht mehr bewegt werden. Taktische Manöver wie schnelles Ausweichen sind also absolut unmöglich. Im Endeffekt steht der kleine Drachenmeister nur doof in der Gegend herum und schleudert eine Attacke nach der nächsten auf seine Feinde. Die Fieslinge verfahren nach dem gleichen Prinzip und besitzen keine nennenswerte künstliche Intelligenz. Wenn es einmal knapp wird, reicht es aus den jeweiligen Spielabschnitt kurz zu verlassen und darauf zu warten, dass sich die Energieleiste wieder auffüllt.
Längere Reisen durch Alradur werden durch ein Mini-Game aufgelockert. Hier zeigt der Drache endlich, dass er neben dem Erteilen schlauer Ratschläge noch etwas mehr auf dem Kasten hat. In einem Vertikal-Shooter müssen Objekte mit Feuerbällen zerstört werden. Besonders große Felsbrocken lässt der heiße Atem des Reptils aber kalt, so dass Ausweichmanöver nötig sind. Es wäre tatsächlich sehr leicht gewesen, hier ein wenig Spaß aufkommen zu lassen. Doch selbst eine Ballerorgie wird in Dragon Master zu einer tristen Angelegenheit. Alles, selbst das Feuer, bewegt sich unerträglich langsam und der Drache ist auf einer horizontalen Achse festgenagelt, wodurch das Ganze ungefähr so spektakulär ist wie eine Runde Pong. Dass es keinerlei Extras gibt und sogar die Anzahl der Schüsse begrenzt ist, macht diese Spielabschnitte sogar noch sinnloser.



Wenigstens in technischer Hinsicht ist Dragon Master kein totaler Rohrkrepierer. Der Drache sieht durchaus beeindruckend aus sobald er sich auf einer Lichtung niedergelassen hat und auch die Umgebung wurde liebevoll gestaltet. An anderer Stelle wurde etwas gespart, was besonders während der vielen Dialoge mit den Bewohnern von Alradur auffällt. Hier gibt es nur unbewegliche Gesichter zu sehen. Etwas skurril ist die Tatsache, dass manchmal sogar Recycling betrieben wird und sich ein neuer Charakter lediglich an der Haarfarbe von einer bereits bekannten Figur unterscheiden lässt. Auch die Effekte und Animationen hätten deutlich abwechslungsreicher und bombastischer ausfallen dürfen. Selbst wenn ein Zauberspruch die höchste Stufe erreicht hat, wirkt er noch genau so wenig einschüchternd wie zu Beginn des Abenteuers.

Der Sound ist eindeutig das Beste an diesem Game, was aber keinesfalls bedeutet, dass er richtig gut ist. Die Melodien, die mal mysteriös und mal dramatisch klingen, schaffen es durchaus etwas Stimmung in das sonst so unspektakuläre Geschehen zu bringen. Auch die Soundeffekte sind abwechslungsreich genug, um den Zocker eine Weile vor dem Einschlafen zu bewahren. Es muss noch erwähnt werden, dass deutsche Bildschirmtexte vorhanden sind, wodurch Dragon Master wenigstens vernünftig auf die sehr junge Zielgruppe zugeschnitten wurde.

Tim meint:

Tim

Es ist offensichtlich, dass ein kleines Team mit kleinem Budget für dieses Spiel zuständig war und gerade deswegen ist es so unangenehm Dragon Master zu spielen. Eine neue und interessante Fantasy-Welt zu erschaffen ist eine der ganz großen Herausforderungen in der Welt des digitalen Entertainments und die Macher sind daran leider kläglich gescheitert. Man möchte den Programmierern von DreamCatcher fast anerkennend auf die Schulter klopfen und sagen: “Hey, ihr habt es versucht. Beim nächsten Mal klappt es bestimmt!“ Ständig ist das Gefühl vorhanden, dass Dragon Master innerhalb der nächsten Minuten besser wird, aber genau das passiert einfach nie. Sowohl das Gameplay als auch die Story entwickeln sich kaum weiter, so dass einfach kein Spaß aufkommen will. Darum eignet sich das Modul höchstens als Trainingseinheit für Action-Adventure-Neulinge, bevor sie auf ausgewachsene Genrevertreter der Marke Zelda losgelassen werden können.

Positiv

  • Komplett auf Deutsch
  • Könnte für kleine Kinder interessant genug sein
  • Technisch okay

Negativ

  • Meistens läuft man nur doof durch die Gegend
  • Undurchdachtes Kampfsystem
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Dragon Master Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 02.11.2009
Vermarkter tivola
Wertung 4.4
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neXGam YouTube Channel
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