Alien Syndrome im Test
Ein wirklich ansprechendes Intro stimmt auf das kommende Abenteuer ein. Anhand von Gemälden, die durch Kameraschwenks und andere Effekte aufgewertet werden, erfährt der Zocker alles Wissenswerte über die Science-Fiction-Welt, die ihn erwartet. Das ist zwar aus technischer Sicht nicht sonderlich beeindruckend, hat aber in Zeiten wo jedes zweite Game minutenlange CGI-Sequenzen auffährt, einen ganz eigenen Charme.
Aileen Harding ist der Name unserer Protagonistin, die in einer düsteren Zukunft lebt und als Lieutenant für die intergalaktische Armee arbeitet. Als die lange vermisste Raumstation Kronos plötzlich wieder auf den Radarschirmen auftaucht aber nicht auf Funksprüche reagiert, wird Aileen an Bord geschickt, um das Mysterium zu lösen. Schnell wird klar, dass es einen furchtbaren Zwischenfall gegeben haben muss, denn statt der Crew trifft unsere Heldin auf angriffslustige Aliens in allen Größen und Farben. Glücklicherweise ist die junge Dame auf alle Eventualitäten vorbereitet und hat ein ganzes Waffenarsenal mitgebracht.
Wer sich noch an den Oldie-Vorgänger erinnert, wird sich schnell heimisch fühlen. Besonders die Gegner erinnern stark an ihre Ahnen aus vergangenen Zeiten. Etwa 100 verschiedene Monstrositäten inklusive einer Menge Bosse warten auf den Zocker. Neu ist, dass sich die Fähigkeiten der eigenen Figur weiterentwickeln können. Zu Beginn stehen fünf unterschiedliche Charakter-Klassen zur Wahl, die über verschiedene Attribute verfügen und außerdem mit eigenen Waffen in die Schlacht ziehen. Im Laufe des Abenteuers hat man allerdings die Möglichkeit sich ständig zu verbessern und immer neue Zerstörungswerkzeuge zu testen. Leider sind die vielen Menüs, durch die man sich klicken muss, um die optimalen Einstellungen vorzunehmen, ziemlich unübersichtlich und der gesamte Prozess ist sehr zeitraubend. Da empfiehlt es sich, diese Arbeiten automatisch vornehmen zu lassen. Obwohl Alien Syndrome nur leichte Anleihen aus dem RPG-Genre erkennen lässt, wirkt alles unnötig kompliziert.
Etwas besser als der Rollenspielanteil ist die Ballerei gelungen. Das Waffenarsenal und ein paar zusätzliche Fähigkeiten, wie ein temporärer Schutzschild, reichen aus, um für eine Weile dieses wohlige Oldschool-Gefühl aufkommen zu lassen, das man von der Neuauflage eines alten Arcade-Games erwartet. Doch nur wenig später muss man ernüchtert feststellen, dass die Programmierer sich nur wenig Gedanken darüber gemacht haben, wie man anspruchsvolle Zocker auf Dauer bei Laune halten kann. Trotz der vielen unterschiedlichen Arten von Monstern verlaufen die Kampfhandlungen fast immer gleich. Die Gegner verfügen nur über wenig taktisches Geschick und innerhalb eines Levels trifft man viel zu häufig die gleichen hässlichen Ungeheuer. Selbst einige Obermotze werden mehrfach wiederverwertet, um das Spiel zu strecken.
Die Steuerung ist etwas gewöhnungsbedürftig, funktioniert aber nach kurzer Eingewöhnungsphase erstaunlich gut. Die Entwickler haben die Stärken der Wii-Controller erkannt und konsequent genutzt, um Alien Syndrome zu einem Game zu machen, das sich deutlich anders spielt als seine Genreverwandtschaft. Während die Fernbedienung verwendet wird, um alles was sich bewegt anzuvisieren und unter Beschuss zu nehmen, lässt sich durch eine Drehung des Nunchuks, die Kamera bewegen, um den vollen Überblick zu erhalten. Eine Reihe von Nahangriffen soll das Gameplay abrunden, kommt aber trotz guter Grundideen kaum zum Einsatz. Steht man einem Alien direkt gegenüber hat man die Möglichkeit, durch verschiedene Bewegungen der beiden Controller-Einheiten auf den Fiesling einzuprügeln. Leider sorgen Verzögerungen bei der Ausführung solcher Aktionen dafür, dass dieser vermeintliche Spaßgarant nicht so gut zur Geltung kommt wie gewünscht.
Besonders auf Nintendos aktueller Konsole scheint es häufig so, als hätten sich alle Programmierer vertraglich dazu verpflichtet, Mini-Games in ihre Spiele einzubauen. Wie Alien Syndrome zeigt, sollte man so etwas aber unterlassen, wenn man keine guten Ideen hat. Die kleinen Herausforderungen, mit denen der Zocker in regelmäßigen Abständen konfrontiert wird, sind tatsächlich das Traurigste was ich bisher auf Wii gesehen habe. Sobald man vor einem gesicherten elektronischen Schloss steht oder die Chance bekommt, einzelne Fähigkeiten der eigenen Spielfigur zu verbessern, nimmt das Drama seinen Lauf. Auf dem Fernseher erscheint etwas, das aussieht wie ein das erste Flash-Game eines Hobbytüftlers. Merkwürdige Objekte fliegen durch die Gegend und müssen nach einem unnötig komplizierten Regelwerk mit einer Vielzahl von Tastenkombinationen und Controllerbewegungen über den Bildschirm geschubst werden. Das Ganze fühlt sich eher an wie Arbeit und nicht wie ein Spiel, das Spaß machen soll.
Viele mittelmäßige Games können durch einen gelungenen Multiplayer-Modus ein paar Punkte gut machen. Auch Alien Syndrome macht am meisten Spaß, wenn man ein paar Freunde vor dem Fernseher versammelt hat. Die gesamte Story kann mit bis zu vier Zockern bestritten werden. Für echte Ballerfans klingt es natürlich sehr reizvoll, sich am Wochenende für 20 Stunden einzuschließen, nur von Energy Drinks und Chips zu leben und mit Gleichgesinnten auf Monsterjagd zu gehen. Doch obwohl bei einer solchen Aktion zeitweise Spaß aufkommen mag, bietet Alien Syndrome im Endeffekt doch zu wenig, um wirklich so lange zu begeistern. Zu oft wiederholen sich die immer gleichen Situationen und die Kamera befindet sich immer etwas zu nah am Geschehen, so dass man sich sehr eingepfercht fühlt, wenn man sich den Bildschirm teilen muss.
Abgesehen von dem interessanten Intro bietet Alien Syndrome nur "wenig fürs Auge" und man merkt, dass der Titel ursprünglich für PSP entwickelt wurde. Insgesamt hätte man dieses Game mit geringen Abstrichen auch für die PSone herausbringen können. Besonders unangenehm fallen die Animationen auf. Erinnert sich noch irgendjemand an die furchtbaren Körperdrehungen der alten 32-Bit Resident Evil Helden? Genau dieses Kunststück gibt es auch in Alien Syndrome im Sekundentakt zu sehen. Da wird ein Bein nach vorn gestellt und anschließend dreht sich die gesamte Figur um die eigene Achse, ohne auch nur einen virtuellen Muskel zu nutzen. Auch die Gegner sind, abgesehen von ein paar Bossen, weder detailliert noch ansprechend animiert worden und die Levels haben diesen typischen Endzeitstimmungslook, den man schon in Dutzenden anderer Spiele bewundern konnte. Wenigstens die Effekte können sich sehen lassen und wenn die Action ihren Höhepunkt erreicht ist der Bildschirm gut gefüllt mit Laserfeuer, Explosionen und Fieslingen.
Ein wenig besser als die Grafik ist die akustische Untermalung ausgefallen. Die Musikstücke dümpeln zwar etwas gemächlich vor sich hin und passen nicht wirklich zum actiongeladenen Gameplay, aber das erweist sich schnell als kleines Problem. Die Soundeffekte, die vom zischenden Laserstrahl über donnernde Explosionen bis hin zum markerschütternden Monstergeschrei alles bieten was man sich von einem Spiel dieser Art wünschen kann, übertönen die Melodien ohnehin in regelmäßigen Abständen. Lediglich die ständigen Wiederholungen, wenn Gegner einer Gattung mit dem immer gleichen Gebrüll über lange Zeiträume angreifen, strapazieren die Nerven ein wenig.
Tim meint:
Positiv
- Oldschool-Feeling
- interessante Steuerung
Negativ
- schlimme Grafik
- viele Wiederholungen
- furchtbare Mini-Games
Userwertung
Traurig aber wahr: SEGA hat einen weiteren Wühltischkandidaten abgeliefert. Dass Alien Syndrome technisch mittelmäßig daherkommt, wäre noch zu verschmerzen, doch das platte Gameplay drückt die Stimmung gewaltig. Wo man eine gelungene Mischung aus Balleraction und Rollenspiel erwartet, bekommt man leider eine Mogelpackung serviert, die keinen Fan eines der beiden Genres wirklich überzeugen kann. In Spielen wie Baldur´s Gate oder Diablo wurde bereits vor Jahren ein ähnliches Grundkonzept wesentlich besser umgesetzt. Alien Syndrome bleibt ein ganz netter Zeitvertreib für einen verregneten Nachmittag mit ein paar Freunden, wenn man sich bereits an anderen Multiplayer-Titeln satt gezockt hat. Doch selbst wenn das Sofa vor dem heimischen Fernseher gut gefüllt ist, sinkt die Motivation nach wenigen Stunden rapide.