Alljährlich beglückt uns der italienische Entwickler Milestone mit einem neuen Rennspiel, doch dieses Mal soll es etwas anders sein. Im Grunde ist Gravel ein Rallyerennspiel, jedoch ohne die offizielle WRC-Lizenz, die man jahrelang innehatte. Hier kommt dann das Konzept der Fernsehsendung ins Spiel. Der Protagonist ist Teil dieser Serie mit einer Vielzahl anderer Fahrer, die allesamt um die Spitzenposition kämpfen. Bei den Charakteren hat man alle Klischees ausgepackt, die man so aus dem realen Rennzirkus kennt. Vom coolen asiatischen Rennfahrer, über das zottelige Raubein bis hin zum mit Klunkern besetzten Afroamerikaner ist alles dabei. Die Gegner sind allerdings nur Statisten und haben während des Spiels nichts zu sagen. Sie dienen nur als kleinere Bossgegner, wenn man das als solches noch bezeichnen kann. Aber erstmal von vorn.
Das Offroad-Masters ist quasi der offizielle Karrieremodus bei der ihr verschiedene Rennen in der Sendung absolviert. Diese reichen von klassischen Rundenrennen über Rallyecross-Strecken bis hin zu Zeitrennen. Insgesamt herrscht aber ein Überhang zu den Rallyecrossrennen, was meines Erachtens sogar ein Vorteil ist. Spaßig ist der Smash Up Rennmodus, bei dem man durch die richtigen Schilder fahren muss. Im Grunde ist dies auch eine Rallyecrossstrecke nur mit dem Unterschied, dass ihr Tafeln durchfahren müsst. Diese zeigen kurz bevor ihr ankommt entweder einen grünen Pfeil oder ein rotes X und ihr solltet möglichst durch den grünen Pfeil fahren. Trefft ihr ein X, werdet ihr kurzzeitig abgebremst, solltet ihr allerdings an den Schildern vorbeifahren, werdet ihr zurückgesetzt. Ihr müsst also sehen, dass ihr immer das richtige Anzeigeschild durchfahrt.
Jede der „Sendungen“ ist in zwei bis drei Strecken unterteilt, bis ihr irgendwann auf eine Spezialfolge trefft, die eine Auseinandersetzung mit einem direkten Kontrahenten darstellt. Die normalen Rennen fahrt ihr mit bis zu acht Fahrzeugen, in den Spezialfolgen sind es nur ihr und eure direkten Gegner. In diesen Events müsst ihr insgesamt drei Rennen erfolgreich abschließen, um weiterzukommen. Allgemein ist das Konzept der Fernsehsendungen interessant gewählt, allerdings hätte ich mir viel mehr davon erhofft. Im Grunde ist es nur ein Abarbeiten der einzelnen Rennen, bis man irgendwann im Finale steht und als Sieger des Turniers vom Platz geht. Hier wurde leider einiges an Potential verschenkt.
Wobei man sagen muss, dass es vor allem in den höheren Schwierigkeitsgraden die Gegner einiges entgegenzusetzen haben und man selbst auf Schwierigkeit Mittel zu kämpfen hat auf dem Siegertreppchen zu stehen. Die Fahrphysik von Gravel ist eindeutig auf Arcade ausgelegt. Vor allem im Einführungsrennen wird man aufgrund der Lackierung des Wagens direkt an SEGA Rally erinnert, was sicherlich auch so gewollt ist. Jedoch kommt es nicht ganz an die Vorlage heran. Zwar bekommt man Stilpunkte für Sprünge und Drifts, andererseits bestraft euch das Game wiederum dafür, weil die Gegner euch so mit Leichtigkeit überholen können. Weshalb sollte ich also stylische Drifts vollführen, wenn ich am Ende des Rennens nur das Nachsehen habe? Der große Vorteil an diesen Punkten ist, dass man mit diesen neue Fahrzeuge und Lackierungen freischalten kann.
Fernab der Karriere kann man auch ein schnelles Rennen oder Fahrten im Multiplayer absolvieren. Dieser war zwar nicht allzu sehr besucht während unseres Testzeitpunkts, lief aber ohne Verbindungsabbrüche. Von der technischen Seite her, hat Gravel aber das Nachsehen gegenüber anderen aktuellen Rennspielen. Trotz Unreal Engine 4 sieht die Umgebung sehr verwaschen und weichgezeichnet aus. Die Rennstrecken in den vier unterschiedlichen Gegenden sind aber dennoch abwechslungsreich gestaltet, haben allerdings nur wenige Details, die wirklich in Erinnerung bleiben. Musikalisch besinnt man sich auf rockige Klänge, die im Hintergrund aus den Lautsprechern tönen, allerdings hat man auf die Lizenzierung von offiziellen Songs vollständig verzichtet.
Im Grunde macht Gravel durchaus Laune, doch hat es mich persönlich sehr enttäuscht, dass man so viel an Potential liegen gelassen hat. Die Thematik mit der Fernsehsendung hätte man viel mehr in den Fokus rücken sollen, um so wirklich eine Art Story zu generieren oder die passende Stimmung zu erzeugen. So hat man nur einen Moderator, der immer wieder seine gleichen Texte herunterrasselt und Kontrahenten, die nur in ein, zwei Videos zu sehen sind. Spielerisch kann sich der Titel nicht allzu sehr von der Konkurrenz abheben. Ein Arcaderacer durch und durch, der einem das stylische Fahren zu wenig entlohnt. So bleibt ein brauchbares Spiel für Fans, dass ihr aber wohl nach einiger Zeit wieder vergessen haben werdet. Sehr schade!