Daytona USA - Ein persönlicher Rückblick im Test

Wir alle kennen und lieben Daytona USA! Zum ersten Mal saß ich im Mai 1995 in einem 4-Spieler-Cabinet (und ja: Es gab sogar 8-Spieler-Automaten!) und ich war schlicht und ergreifend fasziniert vom Speed, den 60 FPS, der fantastischen Grafik und dem hämmernden Sound...

Zum ersten Mal las ich was über den Virtua Racing Nachfolger in der Mega Fun 4/94. Hauptaugenmerk galt dem MD-Test von Virtua Racing (im übrigen ist die beste Fassung des Arcade-Meilensteins die 32X-Version), aber der Preis von damals 209 DM war extrem happig. Auf den ersten Seiten entdeckte ich zwei Arcade-Screenshots von "Daytona USA", dem neue SEGA-Flaggschiff aus der Spielhalle. Mir war sofort klar: Das wird die neue Messlatte! Und SEGA heizte in den weiteren Monaten schön die Werbetrommel an!
 

Daytona USA sollte auf der neuen SEGA-Konsole, dem SEGA Saturn erscheinen und das dortige Zugpferd darstellen. Eine Konsole, die zum Deutschlandstart im Juli 1995 749 DM kosten sollte. Eine horrende Summe damals, wenn man nicht unbedingt NeoGeo-Preise gewohnt war. Nach diversen 4-Spieler-Sessions im Urlaub stand fest: Das Spiel musste ich mir irgendwann ins Haus holen, die Frage war nur wann und wie.
 

Doch dann die Ernüchterung: Daytona USA kam zwar zum Saturn-Start im Juli 1995 als Launch-Titel heraus (eine 32X-Fassung wurde eingestellt) und sollte SEGAs Flaggschiff in Szene setzen - die Qualität war aber ernüchternd. Schon vor dem Release wurde klar, dass der Saturn Probleme mit komplexer 3D-Grafik bekommen könnte. Ursprünglich sah die Konzeption eine hervorragende 2D-Grafik vor, die 3D-Grafikfähigkeiten wurden erst nachträglich und etwas übereilt in das System integriert, teilweise noch mit Bezug auf das 32X (siehe SH-2 CPU). Dementsprechend sah das Ergebnis von Daytona USA aus:

 

 


 

Nur 20 bzw. 25 Frames, viele Grafikfehler, ein sehr später Bildaufbau und Polygonblitzer waren die Folge des etwas überhasteten Saturn-Releases. Die Konkurrenz aus dem Haus NAMCO mit Ridge Racer bekam die konkurrierende PlayStation-Hardware deutlich besser in den Griff. Trotzdem erhielt die Daytona-Umsetzung gute Wertungen (90% Videogames 8/95; 85% Maniac 8/95). Die Fans und Kenner des Originals waren dennoch enttäuscht. Das Arcade-Vorbild, basierend auf SEGAs Model-2-Hardware (mit Intels i960er 32-Bit RISC-CPU @ 25 MHz), bot deutlich mehr. Trotzdem spielte ich Daytona beim Spieleladen um die Ecke und war trotz technischer Defizite fasziniert (schließlich war es Daytona!), doch zu Hause war der preisträchtige Einstieg in die Daytona-Welt (noch) nicht möglich.
 

Mein Einstieg erfolgte 1996 mit der PC-Version. Es war der jämmerliche Versuch, möglichst günstig an das Daytona-Erlebnis heranzukommen. Das Ergebnis war enttäuschend: Die Version benötigte zwingend Windows 95 und am besten einen Pentium 120 (!), mein 486er DX-2 66 mit DOS und Win 3.11 war dafür einfach nicht geeignet (trotz 32MB RAM). Selbst als dann im März 1997 ein P200MMX + Win95 hinzukamen, wurde die Sache nicht besser: Das Spiel war einfach schlampig portiert (ein wackeliger D3D-Patch wurde nachgereicht), unterstützte wenig Peripherie-Geräte und stürzte auch gern mal ab. Die Deluxe-Version bot dann zwar Verbesserungen wie z.B. einen Mehrspielermodus, aber dieser lief nie wirklich rund (wie im Übrigen alle Saturn-PC-Portierungen). Vor allen Dingen aufgrund der exorbitanten Hardwareanforderungen konnte man von der PC-Version nur abraten.
 

Dass der Saturn im Stande war, Model-2-Hardware exzellent umzusetzen, zeigten endlich Sega Rally und Virtua Fighter 2 (als Wiedergutmachung für das technisch veraltete Virtua Fighter im Vergleich zum Polygon-Musterschüler Tekken auf der PSX). Beide Spiele erschienen Ende 1995 bzw. Anfang 1996. Dadurch wurden die Stimmung angeheizt, ein "neues" Daytona USA für den Saturn zu portieren, denn SEGA bestätigte mit den vorangegangenen Titeln, dass die schwierige Hardware nun endlich in den Griff zu bekommen sei.
 

Die Antwort erfolgte prompt: SEGA kündigte 1996 Daytona USA: Championship Circuit Edition an, welches im November 1996 erschien. Es sollte eigentlich das perfekte Daytona USA für den Saturn werden und basierte auf der hervorragenden Sega Rally Engine. Die Wertungen fielen gut aus (88%  Videogames 12/96; 80% Maniac 12/1996), aber leider wurde die Steuerung verändert (es spielte sich wie auf Schienen) und mit dem Game Pad steuerte sich das Spiel nur sehr schwierig (anders als die erste Umsetzung!). Aufgrund der teilweise nicht nachvollziehbaren Drifts frustrierte mich die Version und CCE konnte einfach nie das geniale Arcade-Daytona-Feeling einfangen, das der erste Saturn-Teil zumindest von der Steuerungsseite her schaffte. Zumindest erfolgte mit der CCE endlich der persönliche Einstieg in die Daytona-Welt; was vor allen Dingen daran lag, dass attraktive Bundle-Angebote erschienen (Saturn inkl. SEGA Rally und Worldwide Soccer 97 für erschwingliche 225 Euro).
 

Insgesamt gesehen war die CCE zwar für die meisten Spieler zufriedenstellend, weil einfach viel geboten wurde (z.B. ein guter 2-Spieler-Splitscreen-Modus) und die Technik überzeugte. Die japanische NetLink-Version unterstützte sogar Online-Gaming. Sie gestattete die meisten Verbesserungen, da sie vier Monate nach der PAL-Fassung erschien. Aber wer in Europa hat dieses Erlebnis je testen können? Ich jedenfalls nicht. Die zwei neuen Strecken finde ich nebenbei gemerkt nicht ganz auf dem Niveau der drei klassischen Strecken.

Wer zu beiden Versionen noch einen Videobeitrag sucht, sollte sich Heikos Zusammenfassung anschauen. Die 83% sind absolut fair und realistischer als die 90er Wertung der Videogames. ;-)
 

 

 


 

Danach wurde es etwas ruhiger um Daytona USA. Bis Mitte 1998, als Daytona USA 2 auf der neuen Model 3 Hardware in den Spielhallen erschien (1999 folgte die famose "Power Edition" mit dem Original-Track) und damit, ähnlich wie Scud Race, ein etwas trauriges Kapitel aufwarf. Anstatt beide Spiele für SEGAs neue Konsole, die Dreamcast zu portieren, wurden beide Spiele nie für Heimkonsolen umgesetzt. Nicht verschweigen sollte man aber die tolle OutRun 2 Version (Xbox) mit den Daytona USA 2/Scud Race Bonus-Tracks, sozusagen eine nette Geste seitens SEGA für die wartenden Fans. Für mich war dies der Kaufgrund des Spiels, auch wenn OutRun 2 so oder so überzeugen konnte.
 

Erst im Mai 2001 ging es dann auf den Konsolen weiter: Daytona USA 2001 erschien auf der Dreamcast:
 

 

 


 

Was hervorragend aussah, hatte leider einen kleinen, aber sehr ärgerlichen Schönheitsfehler: Die Steuerung, vor allen Dingen via Gamepad, war viel zu sensibel! Dies ließ sich zwar in den Menüs etwas korrigieren, die störende Ungenauigkeit blieb aber auch mit Lenkrädern. Damit ist die Version zwar wunderschön (ähnelt am ehesten Daytona USA 2), aber aufgrund der unverständlichen Engpässe bei der Steuerung konnte mich das Game leider nie überzeugen.
 

Über die Jahre hinweg erschien kein weiteres Daytona mehr. Weder Daytona USA 3 noch eine HD-Version. Zwar veröffentlichte SEGA 2010 eine hochaufgelöste Daytona-Version unter dem Namen Sega Racing Classic, doch leider nur als Arcade-Release. Dies hat jetzt endlich ein Ende: Für XBLA und PSN gibt es nun eine Online-Version (nachdem ich weder auf Saturn noch auf der Dreamcast online spielen konnte), das Ganze noch in HD!
 

 

 


 

In Europa ist der Racer erst Ende Novmeber erhältlich. Preise: PSN 9,99 USD (bzw. wohl 7,99€) oder 800 MS-Punkte. Es gibt ein Leaderboard und natürlich Onlinesupport für 8 Spieler (den es in den Spielhallen ja seit 1994 gab ;-) ). Neben dem Arcademodus gibt es noch ein Rennen gegen die Uhr sowie einen Time Trail Modus. Alles in 720p und 16:9. Ein Test folgt demnächst und dann werden wir wissen, ob es nun endlich eine definitive Konsolenversion von Daytona USA gibt.

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