Mega Man? Kennt jeder. Er ist der von Fans liebevoll genannte „Blaue Bomber“, der in verschiedenen Inkarnationen Abenteuer erlebt. Früher hauptsächlich im Action Jump’N’Run-Genre unterwegs, trifft man ihn heute eher bei den Action Adventures. Mit Mega Man X: Command Mission geht Capcom jedoch einen ungewöhnlichen Weg. Denn im Vergleich zu den anderen Spielen hat man hier ein Rollenspiel, wie man es von Final Fantasy und Co erwarten würde.
Die Firma selbst hatte damals bereits einige Erfahrungen mit diesem Genre gesammelt. Schließlich hat sie auch die Breath of Fire-Serie entwickelt. Und so ist es nicht verwunderlich, dass bei der Entwicklung auf die Mitarbeiter mit der vorhandenen Praxis zurückgegriffen wurde. Dabei war das Interessante, dass Keiji Inafune, der in die Kreation fast aller Mega Man Spiele involviert war, in diesem Fall nicht mitarbeitete. Er sah das Franchise eher im Action-Genre beheimatet.
Und so stand das Entwickler-Team vor der Herausforderung, aus einem Jump’n’Run ein Rollenspiel zu machen. Das typische Springen und Schießen, das man als Mega Man-Fan gewohnt war, wurde nicht eingebaut. Stattdessen implementierte man ein komplett neues Kampf-System ins Spiel, auf das weiter unten näher eingegangen wird.
Man steuert X und seine Kollegen durch diverse Dungeons und muss verhindern, dass Epsilon das Kraftmetall nutzt, um die Macht über Giga City zu erlangen. Leider wirkt der Plot unausgegoren, da die Entwickler von Capcom jedes erdenkliche Klischee eingebaut haben. Man hat den Feigling, der sein Löwenherz entdeckt, sieht heroische Tode und heimtückische Verräter. Das Team umfasst eine Heilerin, die als Krankenschwester angezogen ist, und eine Diebin, die ihr Herz für das Gute findet. Dadurch gerät die ganze Geschichte vorhersehbar und Überraschungen bleiben aus. Dazu kommt auch noch, dass die Dialoge im Spiel stellenweise grausam klingen. Sie triefen nur so Kitsch und Klischees. Und so gibt es Momente, in denen man den Titel nur mit ausgeschalteten Ton und schnellem Weiterdrücken ertragen kann!
Doch während die Geschichte eher vernachlässigt wurde, ist dies beim Kampf nicht so. Wie oben erwähnt, wurde das Kampfsystem komplett neu aufgebaut. Dies bedeutet allerdings nicht, dass man hier vollständig auf einige Mega Man-Merkmale verzichtete. Dazu später mehr. Die Angriffe unterscheiden sich zwischen normalen Attacken und Subwaffen, wie beispielsweise Raketen. Jede Figur verfügt außerdem über einen Action Trigger und einen Hypermodus. Und mit Kraftmetall kann man die verschiedenen Team-Mitglieder noch mal extra ausrüsten. Dabei wirken sich diverse Feindseligkeiten direkt auf die Rundenabfolge aus. Diese hat man per Datenanzeige perfekt im Blick.
Der Action-Trigger ist es auch, in dem die bekannten Mega Man-Elemente vorkommen. Das heißt, dass man bei X praktisch nur den A-Knopf zu drücken braucht, um seinen besonderen, aufgeladenen Schuss einzusetzen. Allerdings verbraucht jeder Einsatz alle Waffen-Energie, die sich pro Runde je nach Figur schnell oder langsam auflädt. Und man muss mindestens 50% haben, um diesen speziellen Modus auszulösen. Je mehr man in den Angriff stecken kann, desto kräftiger wird die Attacke, beziehungsweise umso mehr Zeit hat man, um diverse Kommandos zu geben. Dabei ist dieser Vorstoß je nach Charakter unterschiedlich. Mal hat man eine bestimmte Abfolge von Knöpfen zu drücken, oder man spielt Roulette. Hier kriegt man Abwechslung geboten. Allerdings hat der Trigger einen entscheidenden Nachteil: Kaum ausgelöst, muss man danach für eine Runde aussetzen, was bei überlebenden Feinden natürlich nicht so glücklich ist.
Waffen-Energie verbrauchen auch die Subwaffen. Diese können zum Beispiel Mikro-Raketen sein oder eure Gegner mit Viren verseuchen. Hier gilt es zu wählen, ob man eher auf den Action-Trigger setzt, oder den zusätzlichen Schaden durch die anderen Kampfgeräte-Systeme nutzen will. Denn beides zusammen geht nicht.
Das Gegenteil des Action-Triggers ist der Hyper-Modus. Hierbei verwandeln sich die Charaktere in stärkere Varianten ihrer selbst, was graphisch schön umgesetzt wurde. In diesem können sie so wesentlich mehr einstecken, aber ebenso deutlicher austeilen. Gleichzeitig ändert sich auch die Häufigkeit, mit der sie in einer Runde drankommen. So ist es ihnen möglich, öfters anzugreifen. Allerdings ist er nur begrenzt einsetzbar. Nach einer festen Dauer verwandeln sich die Figuren in ihr normales Ich zurück, und es braucht schon spezielle Items, um ihn aufzuladen.
Eine weitere, nicht unwesentliche Rolle spielt das Kraftmetall, welches man durch seine Kämpfe und die Figur Cinnamon (die Krankenschwester) gewinnt. Dieses Material verleiht euren Protagonisten noch zusätzliche Fähigkeiten, wie mehr Lebensenergie oder stärkeren Widerstand gegen Hitze. Mit der richtigen Wahl werden die Charaktere so natürlich besser. Aber auch das hat einen Haken. Jedes Metall hat so genannte Erosionspunkte. Wird eine bestimmte Anzahl an Punkten überschritten, kann sich dies auf die Vitalität und die jeweilige Ladung der Waffenenergie negativ auswirken.
Leider enttäuscht das Spiel in Sachen Dauer vollkommen. Durchschnittliche Zocker können das Game innerhalb von maximal 15 Stunden durchhaben. Für einen Action-Titel wäre dies in Ordnung, für ein RPG hingegen nicht. Dabei ist Mega Man X Command Mission noch in die Länge gezogen worden. Denn die Endbosse sind megaheftig und im Vergleich zu den normalen Kämpfen, kann es hier schon 30 Minuten dauern, ehe man sie endlich klein kriegt.
Mehr Mühe hat sich Capcom in punkto Sammeltrieb gemacht. Dieser spricht vor allem die Leute an, die jedes Fitzelchen des Spiels entdecken wollen. So kann man zum Beispiel Figuren und ausrangierte Roboter sammeln. Zu jedem durchgespielten Level ist es außerdem möglich, bis zu sechs Nachbildungen von verschiedenen teilnehmenden Personen zu kaufen. Dazu braucht es allerdings spezielles Geld, das man in den diversen Spielabschnitten findet. Denn die Automaten, wo man das Gesuchte erhalten kann, akzeptieren nur eine besondere Währung. Ein Nachteil, da nach einem fertigen Dungeon das Sortiment komplett ausgetauscht wird, und man keine Gelegenheit hat, sie nachzukaufen oder zu finden.
Etwas anderes und Interessantes sind die kaputten Roboter, die man in den jeweiligen Dungeons findet. Man kann sie mitnehmen, reparieren und in die bereits durchgespielten Leveln einsetzen. Dort gewinnen sie dann an Erfahrung und finden zusätzliche Extras, wie Geld oder Kraftmetall. Man kann aber auch persönlich in diesen alten, bekannten Levels vorbeischauen und dabei teilweise selbst noch Geheimnisse entdecken.
In Sachen Sound brilliert das Spiel. Die Musik ist mitreißend geworden. Schön ist, dass es in den Zwischensequenzen eine glasklare Sprachausgabe gibt. Zwar nur auf Englisch, aber immerhin. Man kann sich die Dialoge auf Deutsch untertiteln lassen.
Dagegen enttäuscht die Grafik etwas. Zugegebenermaßen hat sich Capcom beim Charakter-Design und bei der Darstellung deutliche Mühe gegeben. Doch in den Dungeons macht sich bemerkbar, dass sich einige Hintergrundelemente wiederholen.
Ist Mega Man X: Command Mission ein Pflichtkauf? Nein. Fans des blauen Bombers werden sicherlich zugreifen, weil die Rollenspiel-Aspekte für sie wohl eine Nebensache spielen. Und man kann sagen, dass in Sachen Action das Game durchaus überzeugt. Anhänger des RPG-Genres sollten sich den Kauf lieber noch überlegen. Denn die klassischen Elemente kommen doch zu kurz in dem Game. Und der Rest? Sollten ebenfalls innehalten und darüber nachdenken, worauf es einen ankommt: kurzweilige Action oder eine interessante Story?