Two Worlds II im Test

PlayStation3Xbox 360

Es ist der Herbst der West-RPGs für Konsoleros. Nach dem eher durchschnittlichen Arcania: Gothic 4 gesellten sich mit Fallout: New Vegas, Divinity II: Dragon Knight Saga und eben Two Worlds II noch drei weitere Titel auf den herbstlichen Release-Kalender. Mit Two Worlds II haben die Polen von Reality Pump ein ambitioniertes Ziel: Den enttäuschenden Vorgänger in allen Belangen zu verbessern.

Two_Worlds_II_11Bestach jener bereits durch tolle Features und eine riesige Spielwelt, so vermieste jedoch die grausige Technik den Spielern auf der Xbox 360 den Spielspaß. Bei Two Worlds II gibt es direkt zu Beginn Entwarnung: Die Diashow-Zeiten sind vorbei, das Spiel gibt sich technisch absolut zufriedenstellend. Doch fangen wir von vorne an...

Die Story gibt sich typisch »West-RPG«. Der böse Gandohar herrscht über die Spielwelt Antaloor mit harter, diktatorischer Hand. Dazu nutzt er die Schwester des Spielercharakters, welcher zu Beginn des Spiels in den Kerker geworfen wird. Dort wird er von den Orks befreit und das Tutorial beginnt. Binnen einer guten Stunde der Flucht lernt ihr alles vom Kämpfen über Zaubern bis zum Schmieden von Items, bis ihr endlich ins Abenteuer geschickt werdet.

Vorher erfahrt ihr noch eben den Grund eurer Rettung: Ergründet die Quelle von Gandohars Macht und stürzt ihn vom Thron – wenn es weiter nichts ist. Kurz darauf und mit ersten Lederlumpen ausgestattet, landet man in der Wüstenstadt Bayan, die unter einer Dürre leidet. Hier offenbaren sich auch erstmals die vielen Möglichkeiten des Spiels und die so gar nicht West-RPG-typische Welt. Schon auf den ersten Metern begegnet ihr seltsamen Hundewesen, den Varns, oder haut ein paar Vogel Strauß aus den Socken.

Sei wer du willst
Einer der wichtigsten Aspekte eines solchen Rollenspiels ist natürlich der Ausbau des eigenen Charakters, und hier freut man sich über besondere Freiheiten. Denn anstatt vorab aus einem Magier, Krieger oder Schützen zu wählen, skillt ihr euren Helden vollkommen frei. Erhaltene Skillpunkte verteilt man frei auf Schlagskills, Zaubersprüche, Schmiedekünste, Assassinenkünste, Bogenkünste oder Resistenzen. Das macht den Charakterausbau variabel.

Neben dieser Freiheit beim Skillen gibt es noch die Möglichkeit drei verschiedene Ausrüstungssets via Steuerkreuz direkt anzuwählen, was euch ermöglicht euren Krieger-Magier-Hybriden je nach gezogener Waffe mit dem entsprechenden Equipment auszustatten. Das ist extrem praktisch und bietet noch größeren Anreiz alles mal auszuprobieren. Wer sich einmal verskillt hat, oder sich doch spezialisieren möchte, hat die Möglichkeit beim Seelenmeister in der Magiergilde gegen 500 Auras seine Skillpunkte zurückzusetzen und seinen Charakter folglich umzubauen.

Two_Worlds_II_16Zauberbaukasten
Wirklich viel Mühe gab man sich beim Zaubersystem und dem Spieler die größtmögliche Freiheit bei der Individualisierung gegeben. Via verschiedener Karten kann der Spieler seine Zauber frei erstellen. Jeder besteht aus einem Element, einem Träger und unterschiedlichen Modifikatoren. So kann man aus einer Feuerkarte, einer Geschosskarte und einem Schadensmodifikator einen normalen Feuerschuss bauen. Ersetzt man den Träger jetzt durch einen Umgebungsträger so setzt man den Boden in Brand. Tauscht man gegen einen Verzauberungsträger, setzt man Gegner in Brand usw.

So lassen sich via Trägerkarte „Beschwörung“ auch Verbündete beschwören, die sich ebenfalls via Element unterscheiden. Wem das noch nicht reicht, der kombiniert Zauber. So kann man einem einfachen Geschoss noch ein anschließendes Erdbeben folgen lassen, oder umstehende Gegner vergiften. Der Fantasie sind also keine Grenzen gesetzt und wer Spaß am Experimentieren hat, sollte sich den Zauberer näher anschauen.

Doch auch echtes Handwerk kommt nicht zu kurz: Wer massiv Krempel aufsammelt, stößt bald an die Grenze seines Inventars, denn der Held kann nicht unendlich viel Items mit sich herumschleppen. Praktisch begabt, wie ihr seid, lässt sich jeder Gegenstand in seine Bestandteile zerlegen. Ein Hammer gibt Eisen und Holz, eine Zauberkluft Stoff, usw. Mit dem Schmiedeskill lassen sich jetzt mit den gewonnenen Materialien die eigenen Rüstungen und Waffen aufwerten. Das macht Spaß, verbessert die Schutzkleidung und bringt Platz im etwas unübersichtlichen Inventars. Auch Zaubersteine lassen sich in höheren Schmiedeleveln einsetzen und verleihen eurer Ausrüstung noch zusätzliche Fähigkeiten.

Two_Worlds_II_22Dummes Kampfsystem für dumme Gegner
Bei allen tollen Skillsystemen die Two Worlds II bietet, so muss sich das Kampfsystem an sich und die KI der Gegner einiges an Kritik gefallen lassen. Meistens bleiben Feinde hängen oder rennen ziel- und planlos in der Gegend rum, während ihr sie mit Feuerbällen, Pfeilen oder Hieben eindeckt.

Da die Gegenspieler meist im Nahkampf durchgehend blocken, kann ein Fight sich schon etwas hinziehen, solange man nicht nonstop auf den Blockbrecher-Skill hämmert. Hier hätte es Feintuning bedurft, denn was nützt das tollste Skillsystem, wenn die Gegner diesem nicht gerecht werden. Das Kämpfen macht zwar immer noch Spaß, gestaltet sich in über 40 Std. Questerei in Antaloor als zu wenig abwechslungsreich.

Gilden, Quests und schräge Vögel
Ein RPG steht und fällt mit seinen Quests. Typisch für das Genre sind die typischen Hol- und Bring-Quests, sowie die üblichen „töte 20 Monster“-Quests ohne Inhalt und Anspruch. Hier macht es Two Worlds II geschickter. Zwar gibt es auch hier die üblichen Hol- und Bringmissionen, aber diese sind nett und originell verpackt. So muss man einem Hobby-Quacksalber dabei helfen „Probanden“ für seine neuen Mittel zu finden und über die beobachteten Effekte berichten. Das ist witzig und bringt Abwechslung in den Heldenalltag. Der Vertreter am Missionsbrett führt euch in die Kunst des Franchiseunternehmens ein, oder die Händlergilde zeigt frühe Anzeichen von Turbokapitalisten. Die Questdesigner bei Two Worlds II gaben sich also redlich Mühe den Spieler nicht zu langweilen - und das mit Erfolg. Wer noch nebenbei Geld verdienen will, kann sich in Städten hinstellen und mit Laute oder Trommel bewaffnet als Straßenmusiker in einem Guitar-Hero-Lookalike Minispiel versuchen.

Two_Worlds_II_4Die Trickserei mit dem Umfang
Antaloors Welt ist riesig. Publisher Topware sprach von 60km². Leider ist im Singleplayer die größte Insel nur zum kleinsten Teil begehbar, der Rest ist für den Online-Multiplayer reserviert. So sind die 60km² de facto zu keiner Zeit komplett nutzbar. Zwar ist die Welt immer noch ordentlich groß, aber eben doch nicht so, wie man dem Spieler versprach.

Optische Abwechslung
Optisch und atmosphärisch trumpft Two Worlds II mit ungewohnten Locations auf. Entgegen den üblichen Wald-und-Wiesen-Locations und Standardgegnern wie Orks und Goblins, war man bei Reality Pump kreativer. Den größten Teil des Abenteuers verbringt man auf der Wüsteninsel, deren Einwohner und Städte mehr an Assassin´s Creed erinnern, als an ein typisches West-RPG.

Auch später geht es mit abwechslungsreichen Locations wie einem Dschungel weiter. Die im Vorgänger viel kritisierte Framerate ist jetzt bis auf einige Ruckler in Städten oder der weiten Steppe relativ stabil. Kritikwürdig hingegen sind die Gesten und Mimiken der Charaktere in Gesprächen, die mitunter etwas hölzern wirken. Technisches Meisterstück sind die Ladezeiten: Durch das kluge Teleportersystem kommt man schnell von A nach B, aber auch das erfordert nur wenige Sekunden Ladezeit um mal eben über den ganzen Kontinent zu reisen.

Hymnen und das gute Gespräch
Akustisch ist Two Worlds II ebenfalls sehr gut gelungen. Nahezu jeder NPC ist vertont worden. Auch wenn die Händler einem mit ihrem Sonderpreis-Geschreie schnell auf die Nerven gehen, so repräsentieren sie nur reges Markttreiben und tragen so zur Atmosphäre bei. Auch Nebenrollen und der Hauptcharakter sind hervorragend professionell auf Deutsch vertont worden und wirken in jeder Situation natürlich und nicht aufgesetzt. Gleiches gilt für die Musik, die euch stetig im Hintergrund begleitet.

Two_Worlds_II_14Wer noch ein paar Freunde zur Hand hat, questet sich durch den Onlinemodus der 7 separate Kampagnen für bis zu 8 Spielern bereit hält. Leider kann man hier das hohe Niveau des Singleplayers nicht halten, so dass ihr nur durch Schläuche rennt, Gegnermob nach Gegnermob plättet und Items einstreicht, was auf die Dauer richtig öde wird. Vor allem mit weniger Mitstreitern gestalten sich die Kämpfe zäh, da die Gegner Unmengen an Hitpoints haben.

Bedauerlicherweise muss man auch einen separaten Online-Charakter erstellen, so dass die Levelei keinen Einfluss auf den Singleplayer hat, was etwas schade ist. Wer eher konstruktiv anstatt destruktiv veranlagt ist, der versucht sich online im Village-Modus, wo es gilt ein Dorf aufzubauen und dieses vor Angriffen zu schützen. Nette Idee und spielerisch kurzweilig unterhaltsam.

Versionvergleich PS3 vs. Xbox 360
Da uns beide Versionen zum Test vorlangen, konnten wir auch beide vergleichen, wobei die Xbox-Variante bereits den ersten Patch genoss. Sowohl Xbox 360 als auch PS3 nutzen eine Menge Unschärfefilter, um Detailmängel zu kaschieren. Diese Filter sind auf der Xbox etwas aufdringlicher, so dass das Ganze ein wenig milchig wirkt. Die PS3 ist hier etwas klarer. Im Gegenzug hat die Xbox mit weniger Rucklern zu kämpfen, insbesondere in Außenarealen. Während des automatischen Speicherns kann man auf der Xbox nicht weiter spielen, auf der PS3 Version ist das hingegen möglich. Ladezeiten sind bei beiden Systemen nach Installation (auf der PS3 Zwangsinstallation) überraschend kurz, wobei die PS3 nochmals minimal schneller ist.




Harry meint:

Harry

Two Worlds II ist genau das Richtige für lange Herbstabende und begeisterte Abenteurer. Tolles Schmiede- und Zaubersystem können begeistern, die Welt ist riesig, Quests originell und massig vorhanden. Auch die Möglichkeit jederzeit seinen Charakter umbauen zu können weiß zu begeistern. Wer befürchtete, dass die Technik wieder wie Teil 1 desaströs endet, kann aufatmen: Bis auf vereinzelte Schnitzer in der Bildrate weiß das Spiel vollends zu überzeugen und läuft flüssig. Ebenso lassen die abwechslungsreichen Areale keine Langeweile aufkommen. Professionelle Sprecher sorgen für eine passende Atmosphäre und der Onlinemodus sorgt für Geselligkeit. Einziger wirklicher Kritikpunkt ist das nicht ausgereifte Kampfsystem, was insbesondere der dummen Gegner-KI geschuldet ist. Zudem hätte ich mir mehr Entscheidungsmöglichkeiten in Quests nach dem Gut/Böse-Prinzip gewünscht. Aber das kommt hoffentlich in Teil 3. Wer jedoch drüber hinwegsehen kann, wird für mindestens 50 Stunden großartig unterhalten. Klare Kaufempfehlung für den RPG-Herbst 2010!

Positiv

  • geniales Zauber- und Craftingsystem
  • technisch ordentlich
  • massig gute Quests

Negativ

  • doofe KI-Gegner
  • simples Kampfsystem
Userwertung
9.63333 3 Stimmen
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Forum
  • von aldi404:

    Warten wir mal das Silent Hill 2 Remake ab

  • von Phill XVII:

    Ich bin nicht sicher ob ich ein Two Worlds 3 von Bloober Team überhaupt haben will.

  • von aldi404:

    Die meisten ehemaligen Reality Pump Leute sind jetzt wohl bei Bloober Team, die Two Worlds Lizenz werden sie aber wahrscheinlich nicht haben. ...

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Two Worlds II Daten
Genre Rollenspiel
Spieleranzahl 1 - 8
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2010-11-09
Vermarkter TopWare
Wertung 8.5
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neXGam YouTube Channel
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