Den schönsten und außergewöhnlichsten Gefährten widmete man einen eigenen Spielmodus: den Autovista Modus. Hier betritt der Spieler einen Showroom, in dem er eine Auswahl der teuersten Rennautos kennenlernen kann. Dabei werden nicht nur die äußeren Werte beleuchtet, sondern auch die Inneren näher begutachtet. Sämtliche Klappen werden geöffnet und inspiziert. Besonders markante Punkte werden markiert und der angenehme Sprecher gibt weitere interessante Informationen preis. Wer das Firmenlogo eines Gefährts begutachtet, hört sogar einen Kommentar der Moderatoren des britischen Automagazins Top Gear, die erstmals für die Forza Reihe verpflichtet wurden. Doch nicht alle Boliden können von Beginn an näher betrachtet werden. Erst nachdem für jedes einzelne Fahrzeug eine Herausforderung absolviert wurde, erhält man auch Zugriff auf dieses.
Viele Spieler von Forza Motorsport 3 bemängelten den trockenen Karrieremodus. Bei Turn 10 nahm man sich die Kritik zu Herzen und lockerte diesen ein wenig auf. Zwar schließt man immer noch in einer Rennsaison nach und nach Rennen ab, jedoch werden diese auf einer Weltkarte präsentiert und entsprechend angekündigt. Auch gibt es diesmal kleinere Herausforderungen fernab der Rundenrennen. Mal muss eine Vielzahl von Bowlingpins umgefahren oder im Autocross ein Hindernisparcours absolviert werden. Forza 4 setzt allgemein auf eine adaptive KI, das heißt, dass sich diese auf das Fahrkönnen des Spielers einstellt. In der Praxis heißt das aber, dass vor allem zu Beginn Siege relativ leicht eingefahren werden und bereits ab der Hälfte der Strecke das Fahrerfeld abgehängt wurde. In späteren Wettbewerben gehen die Rivalen allerdings äußerst aggressiv gegen den Spieler vor. Das kann mitunter auch beinhalten, dass man ausgebremst und sogar von der Straße gedrängt wird, weil die KI mit aller Macht auf ihrer Ideallinie bleiben möchte. Eine solch rabiate Spielweise kenne ich eigentlich nur von Burnout, ist dort aber Kern der Spielerfahrung.
Fernab der Karriere gibt es in Teil 4 noch weitaus mehr zu entdecken. Vor allem im Communitybereich wurde merklich aufgestockt. Neben klassischen Onlinerennen darf man nun verschiedene Herausforderungsrennen von Turn 10 absolvieren und die Zeiten der Freunde unterbieten. Neu ist die Möglichkeit sich in Autoclubs zu organisieren. Hier kann man selbst bestimmte Fahrzeuge des eigenen Fuhrparks anderen Mitgliedern des Autoclubs für Onlinerennen zur Verfügung stellen, um die Siegchancen des eigenen Teams zu steigern.
Das größte Manko des Spiels liegt im offensichtlichen Teil: dem Umfang. Im Gegensatz zum Vorgänger kamen kaum Rennstrecken dazu, so dass Kennern des dritten Teils das Spiel fast zu bekannt vorkommt. Schade ist es auch bei der Autoauswahl: Zwar hat man zahlreiche Exoten wie den Gumpert Apollo S und der Spyker Laviolette integriert, aber dafür fehlen Modelle des Traditionsunternehmens Porsche völlig. Grund dafür waren Lizenzstreitigkeiten mit Electronic Arts, die seit der Veröffentlichung von Need for Speed - Hot Pursuit im letzten Jahr die Lizenzrechte innehaben. Einzig ein Modell der deutschen Sportwagenmanufaktur RUF, die Rennautos auf Basis der Porsches bauen, schaffte es ins Spiel. Schade! Auch ein echtes Schadensmodell sucht man immer noch vergeblich. Zwar haben Schäden Einfluss auf die Fahreigenschaften, werden aber optisch viel zu subtil dargestellt. Auch richtige Nachtfahrten oder einen Wetterwechsel sucht man vergeblich.
Forza Motorsport 4 ist ein elegantes Rennspiel, das sowohl die Stärken einer Simulation, wie detailgetreue Strecken und Fahrzeuge mit der Dynamik von spannenden Rennen verbindet. Leider ist nicht alles Gold, was glänzt, denn es gibt den ein oder anderen Punkt, der die gute Stimmung vermiest. Kaum neue Strecken, keine Porsches und die teils unausgewogene adaptive KI macht das Spiel hin und wieder zur Geduldsprobe. Glücklicherweise kommt das nicht oft vor, aber oft genug, um störend zu wirken. Doch kann ich Rennsportfans Forza 4 dennoch definitiv weiterempfehlen. Denn über die Macken lässt sich bei all der Schönheit drüber hinwegsehen.