NiGHTS: Journey of Dreams im Test

Nintendo Wii
Für viele Videospielfans älteren Semesters war es einer der ganz besonderen Momente ihrer Zockerkarrieren: Der Augenblick als sie zum ersten Mal NiGHTS into Dreams auf dem SEGA Saturn spielten. Im Jahr 1996 revolutionierte das Game durch den beigelegten Analog-Controller die gesamte Branche und auch technisch kitzelten die Programmierer sehr viel aus dem damaligen SEGA-Flaggschiff heraus. Mit dem Harlekin NiGHTS war ein neuer Superstar geboren! Jedenfalls dachte das Mitte der Neunziger jeder… Merkwürdigerweise zeigte das legendäre Sonic Team dem farbenfrohen Helden in den kommenden Jahren die kalte Schulter. Deutlich schwächere Titel wurden im Hause SEGA mit Fortsetzungen bedacht und das Gejammer der Fans half nicht. Doch vielleicht war das alles nur ein genialer Plan, um die Vorfreude zu steigern… Zwölf Jahre nach dem Release des Originals steht nun die Fortsetzung als Nintendo Wii-Exklusivtitel in den Regalen.


SEGA gräbt das einstige SEGA Saturn Maskottcen wieder aus und
schickt Harlekin NiGHTS in die zweite Runde auf Nintendo Wii...
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Was die Story angeht hat sich nicht viel geändert. Wieder einmal geht es um zwei Kinder, die sich in ihren Träumen mit den Ängsten und Problemen aus ihrem alltäglichen Leben auseinandersetzen müssen. Das alles hört sich zu Beginn wesentlich komplizierter und tiefgängiger an, als es im Endeffekt ist. Die männliche Hauptfigur Will fühlt sich von seinem Vater vernachlässigt, während die kleine Helen befürchtet, die Erwartungen ihrer Mutter nicht erfüllen zu können. Es ist dem Spieler überlassen, welches der Kinder er als erstes durch das Reich des Unterbewusstseins begleiten will. Egal wie man sich entscheidet, der weitere Verlauf der Geschichte ist in beiden Fällen ähnlich. In der Traumwelt Nightopia, treffen die kleinen Helden schnell auf NiGHTS, dem Namensgeber des Games, er ist eine Art geschlechtsloser Hofnarr mit Superkräften der die Schläfer auf ihrer Reise begleitet und gegen das Böse kämpft.


NiGHTS steht dabei für graziele Flugaction und handfesten Jump'n Run Spaß...
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Die Steuerung war vor langer Zeit das Aushängeschild des Originals. Darum ist es auch verständlich, dass die Macher sich auch beim zweiten Anlauf etwas Besonderes haben einfallen lassen. Es gibt tatsächlich vier unterschiedliche Möglichkeiten, um den bunten Helden über den Bildschirm fliegen zu lassen. NiGHTS: Journey of Dreams unterstützt die Wiimote, die Kombination aus Fernbedienung und Nunchuk, den Classic Controller und zu guter Letzt auch noch das gute alte GameCube-Pad. Die erste ist hier auch gleichzeitig die originellste Methode. In der Theorie hört sich alles ganz einfach an: Der Spieler bewegt einen Cursor und NiGHTS folgt den Manövern. Dummerweise funktioniert das ambitionierte System nicht richtig. Der Protagonist nimmt die Kommandos nur störrisch entgegen und wirklich genaue Aktionen sind reine Glückssache. Selbst im Game wird der Hinweis eingeblendet, dass sich die Wiimote-Steuerung nur für fortgeschrittene Spieler eignet. Passender wäre es sicherlich gewesen, diese Methode fortgeschrittenen Masochisten zu empfehlen, denn die Traumreise wird schnell zu einem Horrortrip. Glücklicherweise gibt es aber die genannten Alternativen. Bereits mit angeschlossenem Nunchuk geht alles wesentlich leichter von der Hand, doch erst mit einem regulären Controller eröffnen sich dem Zocker die wahren Stärken des simplen aber spaßigen Grundprinzips.


Die Traumwelt Nightopia ist sehr fantasievoll...
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Das Game ist in jeweils drei Welten mit insgesamt fünf Missionen pro Kind aufgeteilt. Im Anschluss werden die beiden Geschichten zusammen geführt und dreizehn weitere Stages wollen bezwungen werden. Allen Mathematik-Allergikern unter unserer Leserschaft teilen wir gern mit, dass sich daraus 43 Levels ergeben. Der lustige Harlekin ist zwar ein erstaunliches Wesen aber kein Alleskönner. Das Fliegen ist bereits seine bemerkenswerteste Fähigkeit und so ist es über weite Strecken auch die einzige Aufgabe des Zockers, den Analogstick möglichst exakt zu bewegen, um den Hauptdarsteller durch luftige Höhen zu lenken. Per Knopfdruck kann die Geschwindigkeit gesteigert werden, was auch oft nötig ist, da die meisten Missionen ein Zeitlimit haben. Das Manöver wird aus einer eigenen Energieleiste gespeist, die sich durch diverse akrobatische Einlagen wieder auffüllen lässt. Kreisrunde Objekte müssen durchflogen und blaue Kugeln eingesammelt werden, wenn man im Rausch der Geschwindigkeit bleiben möchte. Als besonders hilfreiches Instrument entpuppt sich hierbei der so genannte Paraloop. Vollführt NiGHTS einen Looping, wird alles was sich in der Mitte seiner Flugbahn befindet in ein Vakuum gesaugt. So lassen sich Punkte sammeln und Gegner ausschalten.


Für die Endgegner braucht man immer andere Taktiken...
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Die Programmierer haben sich einiges einfallen lassen, um den aktuellen Titel abwechslungsreicher zu machen als auf seinem SEGA Saturn Ahnen. Verfolgungsjagden, Jump’n Run-Missionen, Wildwasserrennen und viele andere Einfälle wurden umgesetzt. Leider fallen viele der speziellen Levels höchstens in die Kategorie “ganz nett“ und einige sind sogar echte Spaßkiller. Wenn Will und Helen zu Fuß unterwegs sind zeigt sich NiGHTS: Journey of Dreams von seiner besonders nervigen Seite. Die Kinder sind langsam und verfügen über keine interessanten Fähigkeiten. Außerdem wird in diesen Sequenzen die Steuerung besonders schwammig und ungenau. Das neue NiGHTS: Journey of Dreams ist immer dann am besten, wenn es sich spielt wie das alte NiGHTS into Dreams. Die reinen Flugmissionen und die Bosskämpfe sind die unangefochtenen Highlights. Der Alptraumherrscher Wizeman und sein Handlanger Reala treten gemeinsam mit ein paar anderen alten Bekannten als Oberfieslinge auf und es macht eine Menge Spaß, die richtige Taktik für jeden der Kontrahenten zu entwickeln.


NiGHTS bietet wieder ein unterhaltsames My Dream Areal was viele Stunden extra fesselt...
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Der Umfang des Spiels ist nicht gerade gigantisch ausgefallen: Jedes Level nimmt nur ein paar Minuten in Anspruch, so dass man auf wenige Stunden Spielzeit kommt. Ziemlich nervig ist es, dass alles durch Zwischensequenzen, die sich nicht abbrechen lassen, künstlich in die Länge gezogen werden. Scheitert man an einer Mission darf man sich die kurzen Clips direkt noch einmal ansehen. Für Langzeitmotivation sorgen hingegen die Endwertungen. Wer jeden Abschnitt mit der Traumnote „A“ abschließen will, muss schon einige Versuche investieren, da nicht nur die Zeit sondern auch die Punktzahl darüber entscheidet, welcher Buchstabe am Ende über den Bildschirm flimmert.

Auf dem SEGA Saturn waren Zwei-Spieler-Duelle nur ein kleines Bonus-Game, doch in diesem Bereich ist NiGHTS: Journey of Dreams tatsächlich deutlich verbessert worden. Sowohl im Splitscreen als auch online sind nun spannende Wettflüge durch eine Vielzahl von Levels möglich. Dank Weltrangliste und herrlich simplem Gameplay lädt das Spiel auch lange nach dem Ende des Storymodus zu kurzweiligen Partien ein. Ein zweiter Online-Modus entpuppt sich als recht belangloses und lahmes Ballerspielchen, das man getrost links liegen lassen kann.


Grafisch nutzt NiGHTS den Wii nicht komplett aus, aber dafür sind die Effekte sehr gut...
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Schon in den Sonic-Games der Dreamcast-Ära gab es eine Art Backstage-Bereich namens Chao Garden, den man zur Entspannung nutzen konnte. Eine sehr ähnliche Funktion hat das My Dream Areal in NiGHTS. Auf einer großen grünen Fläche landen gefangene Gegner, befreite Knuddelcharaktere und andere Objekte. Wirklich viel zu tun gibt es zwar nicht, aber ein Gang durch den individuell gestalteten Garten hat zumindest eine beruhigende Wirkung. Wer will darf auch die Traumwelten anderer Nintendo Wii-Besitzer online besuchen.


Die komplizierte Wiimote-Steuerung funktioniert am besten, wenn die Sensorleiste
oben auf dem TV liegt und das im System auch so aktiviert ist...
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NiGHTS: Journey of Dreams ist ein Game, dessen optische Reize eher auf dem Design als auf technischer Brillanz basieren. Sowohl die spielbaren Charaktere als auch die Bosse machen einen simplen Eindruck und auch die Animationen wirken nicht gerade zeitgemäß. Noch grober sehen die kleinen Bewohner der Levels und die diversen Objekte aus. Auch die Effekte machen eher durch Masse als Klasse auf sich aufmerksam. Trotz all dieser Kritik kann man sich dem Charme der Grafik kaum entziehen. Viele Abschnitte des Spiels sind so knallbunt, dass ein Mario-Game im direkten Vergleich wie ein Foto wirkt, das mehrere Tage in der prallen Sonne lag. Ein besonderer Geschmack ist gefragt, um sich in den zuckersüßen Bonbon-Welten wohl zu fühlen und den androgynen Titelhelden mit dem ungewöhnlichen Charakter-Design ins Herz zu schließen. Wer es allerdings schafft, diese Hürde zu nehmen, darf sich über eine streckenweise fantastische Spielgeschwindigkeit ohne nennenswerte Slowdowns freuen. Auch die Tatsache, dass der Bildschirm immer prall gefüllt ist und es überall etwas zu entdecken gibt, weiß zu gefallen. Als kleines Manko erweist sich in einigen der Levels die Kamera. Gerade bei den Bosskämpfen fällt es manchmal schwer den Überblick zu behalten, da das eigentliche Geschehen schon mal von Hindernissen verdeckt wird. Lobenswert sind hingegen die Video-Sequenzen, die mit viel Liebe zum Detail kreiert wurden.


Es gibt des öfteren einen Flashback auf die SEGA Saturn Version...
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Natürlich ist die musikalische Seite immer reine Geschmackssache, doch die Macher haben sich sehr viel Mühe gegen, um die Freunde möglichst vieler Stilrichtungen glücklich zu machen. Kenner des SEGA Saturn Originals werden sich schnell heimisch fühlen, denn einige der alten Melodien wurden recycelt und ertönen nun in leicht abgeänderten Fassungen. Von orchestralen und hoch dramatischen Stücken über schnelle Techno-Beats bis hin zu fast sphärischen Meditationsklängen gibt es viel für die Ohren. Die englische Sprachausgabe wirkt etwas angestrengt und überbetont. Für NiGHTS, die Kinder und die restliche Bevölkerung der Traumwelt wurden zwar passende Stimmen gefunden, aber man wird das Gefühl nicht los, dass es die Hauptaufgabe der Sprecher war “very british“ zu klingen und nicht etwa, realistische Emotionen rüberzubringen. Bei den Effekten wurde wenig experimentiert. Ein Großteil der Sounds klingt exakt wie damals auf SEGAs vorletzter eigener Konsole und das ist eine gute Sache. Selbst wenn man zum ersten Mal in das virtuelle Reich der Träume taucht, wird man feststellen, dass die akustische Kulisse viel zur besonderen Atmosphäre dieses Games beiträgt.

Tim meint:

Tim

Das neue NiGHTS: Journey of Dreams ist immer noch ein gutes Game, dass Spielern aller Alterklassen eine Menge zu bieten hat. Allerdings liegt das nicht an den neuen Ideen, sondern vielmehr an dem genialen Grundkonzept, das auch heute noch begeistern kann. Das Sonic Team hat vor mehr als einem Jahrzehnt ein Innovations-Wunderwerk erschaffen und obwohl der Zahn der Zeit ein wenig genagt hat, ist viel vom Charme des 32-Bit-Ahnen übrig geblieben. Die Experimente mit neuen Methoden der Steuerung sind gescheitert und auch technisch ist NiGHTS: Journey of Dreams kein Meilenstein, doch wer das Original geliebt hat, wird den Nintendo Wii-Nachfolger mindestens genauso mögen. 

Positiv

  • Mit regulärem Controller kommt das alte Saturn-Feeling auf
  • Netter Online-Modus steigert die Langzeitmotivation
  • Angenehmer Soundtrack

Negativ

  • Die Wiimote-Steuerung funktioniert nicht richtig
  • Einige äußerst belanglose Levels
  • Simple Charakter-Modelle
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  • von DinoHeli:

    Mein Tipp: Lass die Katzenbälle alle komplett in eine Ecke rollen. Dann sind sie nämlich alle am gleichen Fleck. Dann fliegst Du schnell zum gegenüberliegenden Griff und lässt sie alle auf Dich zu rollen. Da sie alle aus derselben Richtung kommen, wird das Einlochen etwas einfacher. Die...

  • von Sirius:

    Kann mir einer einen Tipp geben, wie ich den Endgegner vom ersten Level des vierten Traums von dem Mädchen besiege? Spoiler anzeigen Das mit den Katzenköpfen auf den dreieckigen Feld mit den Löchern... // Oder weiß einer, wo ich eine Komplettlösung zu dem...

  • von HitMissYeah:

    Original von Saldek btw: ist Christmas Nights beim PS2-Remake dabei? Falls ja wie komme ich da ran? habs letzte Woche erst gezockt : ) es schaltet sich nach dem Durchspielen frei.. edit: Nennt sich hier gleub ich nur Christmas Dream.. kann aber naoch mal genau nachschauen.....

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NiGHTS: Journey of Dreams Daten
Genre -
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 50 / 60 Hz
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 25. 01.2008
Vermarkter SEGA
Wertung 7.3
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