Atari 5200 - Flop und Sammlerstück im Test

Atari 5200
1982 - Das Atari VCS befindet sich auf seinem Höhepunkt und Atari schien unangreifbar. Doch Homecomputer und die Konkurrenz Intellivision und Colecovision traten mit überlegener Hardware an. Zeit für Atari einen VCS Nachfolger zu entwickeln. Doch ging die Rechnung nicht auf wie erhofft ... 

Die 80er Jahre haben begonnen und es sollten turbulente Jahre werden, wenn man sie aus der Sicht der Videospielbranche betrachtet. Nachdem das Atari 2600 Ende der 70er Jahre nach anfänglichen Schwierigkeiten wie eine Bombe einschlug, zogen einige Jahre ins Land und so merkten auch andere Firmen, dass in diesem neuen Industriezweig eine Menge Geld zu machen war. So sprossen mit dem Intellivision von Mattel, dem Odyssey 2 (bei uns Videopac G7000) von Phillips und dem Colecovision der Firma CBS gleich mehrere Konkurrenten aus dem Boden. Im Falle von Mattel und CBS punkteten sie vor allem durch ihren technischen Fortschritt und konnten das Atari 2600 somit ausstechen. Daher war es nun für Atari an der Zeit, an einem Nachfolger zu arbeiten.

Atari-5200-1Unter dem Decknamen „Pam“ arbeitete man nun am Atari Video System X, so der vorläufige Name der neuen Konsole. Dieser sollte dabei auf der Heimcomputerlinie von Atari basieren, wobei aber einige Veränderungen durchgeführt wurden. So wurde das BIOS von 10 KByte auf interne 2 KByte gestutzt und auch die Tastatur wurde natürlich weggelassen. Erstmals vorgestellt wurde die Konsole auf der Summer Consumer Electronics Show (kurz CES) in Chicago. Kurz vorher wurde das Atari VCS noch offiziell in Atari 2600 umbenannt und nun wollte man den Leuten zeigen, dass die neue Konsole mindestens doppelt so stark war, wie das Atari 2600. Somit war schließlich der endgültige Name für die Konsole geboren: Atari 5200.

Die Konsole selbst zeigte dabei einige Innovationen: Zum Einen lag dem Gerät eine Switchbox bei, die damals ihrer Zeit voraus war. Sie produzierte ein schwarzes Bild auf dem Bildschirm, sofern das Atari 5200 abgeschaltet ist. Gleichzeitig wurde auch das Stromkabel in die Switchbox gesteckt, so dass nur ein Kabel benötigt wurde um das 5200 mit dem TV zu verbinden. Eine kleine Revolution war auch der Controller: Er bietete volle 360 Grad Bewegungsfreiheit des analogen Joysticks, einen Start und Pause Button um das momentane Spiel zu pausieren, zwei unabhängige Feuerknöpfe, von denen zwei auf jeder Seite des Controllers sind und ein Tastenfeld, auf dem wie beim Mattel Intellivision verschiedene Overlays eingelegt werden können, die bei wenigen Spielen mitgeliefert wurden.

5200sb10Schließlich, im November 1982, wurde das Atari 5200 Super System in die amerikanischen Läden ausgeliefert und verkaufte sich anfänglich sehr gut gegen die Konkurrenz. Doch leider hielt dieser Zustand nicht lange an. Viele standen der Konsole skeptisch gegenüber, da es in den ersten Monaten nur aufpolierte Versionen von Spielen gab, die auch schon auf dem Atari 2600 erhältlich waren und die Konsole zu den Spielen des VCS nicht abwärtskompatibel war. Auch die Konkurrenz machte Atari zunehmend zu schaffen: Dem Colecovision lag Donkey Kong bei, einer der aktuellsten Titel zur damaligen Zeit und dem Atari 5200 lag nur ein lauwarmer Aufguß von Super Breakout bei. Erst Monate später begannen Third Party-Hersteller wie Lucasfilm Games die Entwicklung neuer Titel für die Konsole.


Weitere Probleme wurden leider auch intern geschaffen. Man setzte weiterhin noch voll auf das arg betagte Atari 2600 und vernachlässigte somit dessen Nachfolger. Das größte Problem lag aber an einer der  Innovationen der Konsole: dem Controller. Dieser hatte seine Tücken - denn neben der Tatsache, dass er nicht allzu ergonomisch ist, ist auch die Tatsache, dass der Joystick sich nicht selbst zentriert. Auch die schlechte Verarbeitung der ersten Controller sorgte dafür, dass sie bereits nach wenigen Spielstunden kaputt gingen und man selbst heutzutage nur sehr wenige noch funktionierende Controller findet. Da der Joystickanschluss größer war, konnte man zudem auch keine neunpoligen Joysticks wie beim Atari 2600 verwenden.

Atari-5200-2Die Ingenieure bei Atari versuchten damals noch durch eine Petition die Firmenleitung doch zu überzeugen, die Konsole nicht mit diesem Controller zu veröffentlichen. Doch da die Konkurrenz mit Colecovision und Intellivision schon drängte, wurde die Konsole wie geplant veröffentlicht. Grund für die Schwächen ist die Tatsache, dass der Designer des Controllers, Craig Asher, noch nie vorher je ein Videospiel gespielt hatte und somit auch wohl nicht wusste, was es bei einem Joypad zu beachten gibt. Das mussten leider die Kunden früher oder später am eigenen Leib erfahren. Manche Controller versagten bereits nach wenigen Spielstunden ihren Dienst und waren somit unbrauchbar.


Später wurde intern noch an einem Nachfolger gearbeitet, der robuster und auch besser in der Hand liegen sollte. Dieser wurde aber nie veröffentlicht, im Gegensatz zum Trackballcontroller, der fast so groß ist wie die Konsole selbst, aber dafür Vorteile bei Games wie Super Breakout und Centipede bietet und auch sonst von vielen Games unterstützt wurde. Später erschien auch Zubehör von Drittherstellern wie zum Beispiel das Masterplay Device, mit dem man Joysticks mit Standardanschluss anschließen konnte, oder ein Adapter der Firma Wico, die sehr engagiert an Alternativen zu den anfälligen Atari Pads arbeiteten.


Im Sommer 1983 begann langsam aber sicher der große Videospielcrash einzusetzen. Der Markt war überschwemmt von zahlreichen Konsolen und Plagiaten des Atari 2600 und eine Vielzahl der Spiele wurde bereits kurz nach Veröffentlichung verramscht. Mattel und auch Coleco beendeten nach und nach ihre Aktivitäten und auch Atari traf es sehr. Im Frühjahr 1984 dann wurde die Produktion der Konsole eingestellt und die Konsolen- wie auch Heimcomputersparte von Warner an Commodore-Gründer Jack Tramiel verkauft. Angespornt durch den Siegeszug des Commodore 64 wollte Tramiel sich vor allem auf die Heimcomputersparte konzentrieren.

Super-Breakout-1Alleine der Fakt, dass die Atari 5200 Konsole nie offiziell in Deutschland erschien, macht es schwierig hier eine davon zu entdecken. Im Zuge der Globalisierung und der offenen Märkte sollte es aber doch kein allzu großes Problem mehr sein, eine der Konsolen zu ergattern. Jedoch sei erwähnt, dass ein Umbau nötig ist, um sie an PAL Fernsehern lauffähig zu machen. Es gibt aber mittlerweile immer mehr Adressen um solch einen Umbau vornehmen zu lassen (u.a. in unserem Forum) und auch die Homebrewszene floriert zunehmend. Vor allem sei hier die Entwicklung von Adventure II erwähnt, der sich mittlerweile zum Vorzeigetitel gemausert hat und auch von Atari (Infogrames) offiziell abgesegnet wurde. Auch in Zukunft wird durch ambitionierte Veröffentlichungen wie etwa Tempest die Attraktivität des Systems bestehen bleiben, zumal man die offiziellen Games auch günstig ersteigern kann. Auch das Joystickproblem ist mittlerweile über erhältliche Adapter in den Griff zu bekommen.

Gerät und Module

Das Design der Konsole ist prägend für die 80er Jahre: Klobig, aber robust. Durch seine deutliche Übergröße wird das Atari 5200 wohl als wuchtigste Konsole aller Zeiten in die Geschichte eingehen, da hier nicht mal die ebenfalls klobige XBox mithalten kann. Mit dem Atari 5200 wurde auch das schwarze, moderne Design eingeführt, das man später bei allen klassischen Konsolen verwendete (Atari 7800 und die Junior Variante vom Atari 2600).


Das Gehäuse hat oben eine Klappe, die man öffnen kann, um seine Controller darin ablegen zu können während man nicht spielte. Interessant ist auch die Stromversorgung der Konsole: Diese erfolgte nicht über ein Stromkabel im eigentlichen Sinn, sondern schloss das Gerät über die Switchbox am Stromnetz an. Diese ist leider auch das Problem für deutsche Zocker, da sie nicht um einen Umbau der Konsole herumkommen werden, da das 5200 ein NTSC Signal über Antenne ausgibt und europäische Tuner nicht das NTSC Frequenzband verfügen. Um die Konsole an einen PAL Fernseher anschließen zu können, muss daher ein Composite- oder S-Video-Umbau zwingend vorgenommen werden.


Atari-5200-3Vom Atari 5200 existieren zwei verschiedene Versionen: Die erste hat vier Controllerports und eine Switchbox, die zweite Version hingegen hat nur zwei Controllerports und auch die Switchbox wurde weggelassen. Bei einem Kauf ist dabei zu beachten, dass bei der Variante mit den zwei Controllerports zwei Games nicht lauffähig sind (Mountain KingPitfall!). Dagegen funktioniert bei der ersten Version des 4-Port Systems der Atari 2600 Adapter nicht, der später erschien.

Als Medien nutzte das Atari 5200 Module, die wie die Konsole größer waren als die bisher gewohnten Carts für das Atari 2600. Die Spiele hatten dabei eine Größe von bis zu 32 KByte, also rund viermal größer als die zu diesem Zeitpunkt üblichen Spiele für die Vorgängerkonsole. Die Spiele wurden nach Vorbild des Intellivision und Colecovision auch teilweise mit Overlays ausgeliefert, die auf den Controller aufgesetzt werden konnten, damit die Funktionen des Tastenfeldes der Controlller für das jeweilige Spiel sofort ersichtlich waren.

Zubehör

Durch die Problematik des mitgelieferten Controllers versuchten manche Hersteller diesen Zustand zu verbessern. Zum Einen gab es einen Controller von Wico, der zwar nur mit Hilfe eine Y-Weiche angeschlossen werden konnte, dafür aber für seine Langlebigkeit bekannt ist und sich auch von selbst zentriert. Die andere, wenn auch etwas teurere Alternative, ist das Masterplay Device. Mit diesem Adapter konnte man auch neunpolige Standardcontroller anschließen, die selbst heutzutage noch zuhauf erhältlich sind. Diese sollten jedoch über zwei Feuerknöpfe verfügen.

 


Auch Atari selbst bemühte sich um Ersatz. So existiert ein Prototyp des verbesserten Originalcontrollers, der sich selbst zentriert und auch robuster ist als das Original. Leider wurde dieser aber so spät entwickelt, dass bis dahin die Produktion des Atari 5200 schon eingestellt wurde und er somit nicht in Produktion ging. Desweiteren ist ein Trackball-Controller erschienen, der selbst fast schon so groß wie die Konsole ist. Er hat etwa die Ausmaße einer PlayStation 1 in der Originalversion und verfügt über einen Trackball, der vor allem bei Games wie Super Breakout für bessere Kontrolle sorgen soll. Auf dem Controller sind auch zwei Tastenfelder für jeden Spieler vorhanden, die aber weitgehend nicht genutzt wurden.

Um die Inkompatibilität zu 2600er Spielen zu beenden veröffentlichte Atari einen Adapter um Spiele vom VCS spielen zu können. Dieser ist jedoch aus unerfindlichen Gründen nicht mit der 4-Port-Version kompatibel. Außerdem erschien noch ein Joystick-Koppler, der bei Robotron 2084 und Space Dungeon mitgeliefert wurde. Damit konnten die beiden Controller nebeneinander fixiert werden, um das Spielen etwas zu erleichtern.

Die technischen Details

Hier noch die technischen Details des Atari 5200:



Maße: 381 x 335 x 76 mm (Länge x Breite x Höhe)
CPU: Custom 6502C
Taktfrequenz: 1.78 MHz
RAM: 16 KByte
ROM: 2KByte, mit Modul bis zu 32 KByte
Grafikchip: ANTIC (Alpha Numeric Television Interface Controller),
GTIA (Graphic Television Interface Adapter)
Auflösung: 320x192
Ports: 2 oder 4 Joystick Ports (je nach Modell), 1 Modulschacht
Sound: 4 stimmig, Mono

 

Fazit

Das Atari 5200 ist ein potenter, aber völlig am Markt vorbei konzeptioniertes Stück Hardware. Keine Abwärtskompatibilität zum Millionenseller VCS, ein innovativer aber instabiler Controller und eine merkwürdige Verkabelung mittels Switchbox machten das Atari 5200 zum Verlierer im Dreikampf mit Colecovision und Intellivision. Während das 5200 bereits 1,5 Jahre nach Veröffentlichung wieder eingestellt wurde, lebte das 2600er noch bis in die 90er Jahre weiter. Heute ist das Atari 5200 ein gesuchtes Sammlerstück und sorgt für stauende Gesichter ob seines opulenten Auftretens. Das Atari 5200 "Supersystem" wirkt wie ein aus der Arroganz des unangefochten Markführers heraus konzeptionierter Behemoth, der die Unangreifbarkeit Ataris demonstrieren sollte, aber krachend an eigenen Konzeptionsfehlern scheiterte.

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